Fridolin Schoch, Shapeshifting ideas, 2024, Digitalcollage, 390 x 265 mm
by Kristin Schmidt
Schlingen, Schnörkel, Schlaufen – sie kringeln sich ohne Anfang und ohne Ende auf kleinen Quadraten mit dunkler Ölfarbe. Die Farbe ist dick und regelmässig von der Mitte aus zu den Rändern hin aufgetragen, so dick, dass sie glänzt. In diesem Glanz erhält jeder aufgeklebte Kringel einen Strahlenkranz aus reflektiertem Licht: Er wird zum Mittelpunkt eines Bildes. Fridolin Schoch hat die kleinen Schnipsel aus Verpackungsmaterial ausgeschnitten. Es sind die schimmernden Rückseiten von Reststücken, von übrig Gebliebenem, von Dingen, die nur dazu vorgesehen waren, andere Dinge einzuhüllen. Der Künstler hat ihnen Aufmerksamkeit geschenkt und ihr Überdauern gesichert. Mehr als zehn Jahre ist diese kleine Serie nun alt und erhält als Bildbogen einmal mehr eine neue Präsenz. Fridolin Schoch arbeitet regelmässig mit Material aus seinem Archiv, oft in Serien, verbindet Älteres zu Neuem, findet Bezüge zwischen bestehenden Werken und fügt Aktuelles hinzu. Für den Künstler ist das, wie in der Zeit zu reisen. Mit dem Fortbestehen der Kunst, kann sich der zeitliche Aspekt aber auch komplett auflösen.
Für den Bildbogen hat Fridolin Schoch eine Serie von kürzlich entstandenen Aquarellen eingescannt, Ausschnitte gewählt und das Material digital neu zusammengefügt. Die Vielfalt der Motive, ihre Addition, die Gestalt der Ausschnitte lässt einen dichten räumlichen Eindruck entstehen. Der Künstler verzichtet jedoch darauf, eine Blickrichtung vorzugeben: Alle Perspektiven sind richtig. Alle Motivelemente sind gleichwertig, ganz gleich, ob das Bild um 90° oder 180° gedreht wird. Jedes verwendete Aquarell ist eigenständig und zugleich Teil eines neuen, ebenfalls eigenständigen Werkes.
Bildbogen, Obacht Kultur, WIEDER UND WEITER, No. 48 | 2024/1