Dölf Mettler malt keine modernen Maschinen

by Kristin Schmidt

Wenn die Traktoren fehlen, wenn keine Hochspannungsmasten in den Himmel ragen, wenn Felder nicht von Strassen, sondern von Wegen begrenzt werden und das Kinderspielzeug nicht aus Kunststoff ist, wenn es weit und breit keinen Maschendrahtzaun gibt, dann sind wir entweder in einer anderen Zeit gelandet oder in einer anderen Welt. Jedenfalls nicht im gegenwärtigen Appenzell, oder doch?

Dölf Mettler lebt im hier und heute. Die Website des Appenzeller Künstlers ist auf dem aktuellsten Stand. Zugleich können online sowohl Postkarten seiner Bilder als auch Tonträger bestellt werden. Denn Mettler ist einerseits erfolgreicher Jodelliedkomponist, Sänger und Chordirigent und andererseits ist er Bauernmaler mit eigener Galerie in Appenzell. Seit Jahrzehnten lebt und arbeitet der gebürtige Toggenburger nun bereits in der innerrhodischen Kantonshauptstadt: Schon 1976 bezog er seine erstes Atelier in Appenzell und ab 1983 widmete er sich ganz der Musik und der Malerei. Aber warum Bauernmalerei, wo Mettler doch gar kein Bauer ist? Nach dem Abschluss der Schule arbeitete Mettler als Knecht in Waldstatt. In jener Zeit, als er zum ersten Mal aktiv beim Öberefahre und Chlause mit dabei war; erwachte seine grosse Leidenschaft für das Leben der Sennen, für ihre Arbeit und ihre Bräuche. Doch zunächst einmal ging Mettler einen anderen Weg, der aber bereits viel über seine Lust an der präzisen Arbeit, an Gestaltung und Bildkomposition aussagt. Er lernte in St. Gallen den Beruf des Textilzeichners. Bis heute sind seine Bilder geprägt von der sorgfältig gesetzten Linien und Konturen. Wer aber durch die Einzelausstellung des bald 78jährigen im ersten Stock des Museum Appenzell streift, dem fallen durchaus Entwicklungen in seinem Werk auf.

In den 70er Jahren dominierten noch schwarze Umrisse. Alle Figuren, ob Senn ob Rind, sind dunkel umrandet wie etwa im Gemälde „Petersalper Stobede“ von 1976. Erst einige Jahre später kommt Mettler zur weissen Kontur, wie sie beispielweise auch Johann Baptist Zeller (1877-1959) in seinen Bildern eingesetzt hat. Die Gemälde erhalten dadurch mehr Licht und Leichtigkeit.

Auch wenn es Parallelen zwischen dem Bauernmaler heute und so manchem in der Dauerausstellung präsentierten Klassiker der Bauernmalerei gibt, lehnt sich Mettler nicht an ein konkretes Vorbild an. Immer wieder geht er eigene Wege. Dies heisst nun freilich nicht, dass Mettler neue landwirtschaftliche Errungenschaften in seine Bilder einfliessen lässt. Im Text zur Ausstellung wird dies ganz unmissverständlich formuliert:

„Mettler malt die für ihn einmalig schöne und lebenswerte Welt. Er ist unter keinen Umständen bereit, irgendwelche Konzessionen an den ‚sennischen Ausdruck‘ zu machen. Die ‚Segnungen der Moderne‘ haben nichts in seinen Bildern zu suchen.“ Da ist ein Silo neben einem Bauernhaus schon eine Überraschung. Mettlers Bildneuerfindungen sind eher atmosphärischer Natur wie die Nachtbilder zeigen, etwa das „Silvesterchlausen bei Vollmond“ aus dem Jahre 2005 mit dem eindrücklichen Widerschein des Lichtes auf Scheunendach und Schneefeld. Besonders Augenmerk widmet Mettler nicht nur der Lichtführung, sondern auch der Farbigkeit. In den Winterbildern nutzt er die makellose weisse Fläche, um selbst zarte Farben zum Strahlen zu bringen. Eine hellgelbe Stallwand neben einem zart türkisfarbenem Haus sind gekonnt gesetzt inmitten einer verschneiten Landschaft. Diese wiederum orientiert sich an der Topographie Appenzells. Mittel- und Vordergrund hingegen sind oft frei erfundene Basis für die klassischen Sujets aus der Tradition der Appenzeller Senntumsmalerei. Doch neben Alpauf- und -abfahrten fällt immer wieder Mettlers Freude an den kleinen unscheinbaren Szenen des bäuerlichen Lebens in den verschiedenen Jahreszeiten ins Auge, die Gasthausbesuche, das Vieh an der Tränke oder vor dem Stall und schliesslich in der Stube. Dort darf dann sogar einmal ein Kleinkind auf dem Topf sitzen und für motivische Auflockerung sorgen.

Dölf Mettlers Werke verschränken thematisch sich eng und schlüssig mit der Dauerausstellung im Museum Appenzell. Ein bisschen mehr Vermischung und der eine oder andere Blick auf Zeitgenössisches wäre aber ebenfalls nicht fehl am Platze gewesen.