Von Tieren und Menschen
by Kristin Schmidt
Die insgesamt zweite Ausstellung im „tartar“ macht dem Namen des Kunstraumes Ehre. „Fleisch teilen“ zeigt viele Facetten des Themas.
Fleisch bedeutet für den einen Gaumenfreude, für den anderen ökologischer Wahnsinn, den dritten erinnert es an den gesellschaftskritischen Filmklassiker oder die Erzeugnisse der Pornoindustrie. Das Spektrum dessen, was unter dem Begriff verstanden wird, ist breit und voller Nebensinn. Kein Wunder also, dass es auch Künstler immer wieder reizt, sich mit dem Thema zu beschäftigen wie Martin Jedlitschka in seinem Kunstraum „tartar“ zeigt.
Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der Malerei. Fleisch bietet gegenständlich malenden Künstlern über die inhaltliche Ebene hinaus grosse Herausforderungen in der Darstellung der Fasern, der glatten oder zerfaserten Oberflächen, des Blutes, der Wärme, des Zerfalls. Pat Noser beispielsweise setzt überdimensionale Stubenfliegen in verwesendes Fleisch. Ihre eigentliche Stärke entfaltet die Bielerin aber dort, wo sie auf bewusst provozierten Ekel verzichtet, sondern sich dem Ding an sich widmet: Mit grosser Akribie und beschränkt auf wenige Farbtöne zeigt sie Tintenfischarme in Nahaufnahme. Wenn der Tintenfisch aber auf einem Frauenkörper liegt, zielt das bereits wieder auf den vordergründigen Effekt. Gleiches lässt sich über den Solothurner Rolf Blaser sagen. „Rinder V“ zeigt mit hoher physischer Eindringlichkeit zwei Tierkörper im Schlachthaus. Bei den Doppelbildnissen hingegen wirkt die motivische und malerische Raffinesse wie ein Amalgam aus magischem und sozialistischem Realismus, die Inszenierung gerät zum Selbstzweck.
Ganz anders die Werke von Karl Guldenschuh. Der Zürcher Künstler arbeitete nah am Modell und blieb der figurativen Moderne verhaftet. So entstanden ausserhalb ihrer Zeit stehende Gemälde und Radierungen, die ein jedes eine Hommage an den Menschen sind und sich nur bedingt in die Rubrik „Fleisch“ einordnen lassen. Schon eher gilt dies für den Pornokitsch von Conrad Godly oder die Übermalungen sexistischer Fotografien durch Kristian von Hornsleth. Das Provokationspotential dieser Brandings ist allerdings zu kalkuliert, als das es noch funktionieren würde.
Neben den zahlreichen Bildern sind in der Ausstellung Skulpturen und Objekte zu sehen. Die Liechtensteinerin Doris Bühler widmet ihre Aufmerksamkeit einem ganz unscheinbaren körperlichen Detail: Sie zeigt Bauchnabelporträts in rosa oder hellblau, die ebenso wie August Dimitrovs Fleischwolfdackel und Kanisterkühe dem Fleischlichen auf witzige Art begegnen, während Hans-Peter Profunsers Werke ganz vom heftigen Ringen um die Form getragen sind. Dieser Kontraste gibt es einige in der Ausstellung. Sie führen allerdings kaum zu einer echten Gegenüberstellung oder Auseinandersetzung. Es bleibt der Eindruck eines stilistischen und inhaltlichen Sammelsuriums.