Denise Bertschi
by Kristin Schmidt
Stein am Rhein — Rot fliesst das Harz des Paubrasilia unter seiner Rinde. Der Baum prägte einst den Küstenregenwald Brasiliens und gab dem ganzen Land seinen Namen. Heute ist er selten geworden. Zu begehrt war der Farbstoff für Textilien auf der ganzen Welt: Der Paubrasilia war eine der ökonomischen Grundlagen der Kolonialisierung. Denise Bertschi (*1983) hat seine Geschichte untersucht. Die Künstlerin und Forscherin war 2024 Artist in Residence im Chretzeturm der Jakob und Emma-Windler Stiftung in Stein am Rhein. Dort haben sie die Spuren der Stifter zu dem weitaus grösseren Themenfeld des Schweizer Kolonialgeschichte geführt: Die Geschwister Windler waren verwandt mit Marie Gnehm, der Tochter und Erbin von Robert Gnehm, Chemiker und späterer Mitbesitzer von Sandoz, einem ursprünglich auf Farbenherstellung spezialisierten Unternehmen. Bertschi nutzt dies als Steilvorlage für eine Arbeit über Industrialisierung, Globalisierung und die enge Verflechtung zwischen Wissenschaft und Geschäft, Kolonialismus und Ausbeutung von Ressourcen. Im Kulturhaus Obere Stube zeigt sie eine ebenso sachliche, wie dichte Ausstellung ihrer Untersuchungsergebnisse. So thematisiert sie gemeinsam mit Pedro Zylberstajn in einem Videoessay die Folgen des Rohstoffhandels. Ihre Recherchen in der ETH fliessen in ein zweites Video, untermalt von Cellostücken – auch die Cello-Bögen sind aus dem Holz des Paubrasilia gefertigt. Die Videos sind das Herzstück der Ausstellung; weitere Werke, Drucke und Archivmaterialien zu Gnehm vervollständigen diese kleine, aber sehenswerte Schau.
Kulturhaus Obere Stube, bis 31.10.
kulturhaus-oberestube.ch