Apathische Küsse im Niemandsland
by Kristin Schmidt
Shahryar Nashat macht es uns nicht leicht. In seiner Installation «Laterally Yours» für den Kunstverein St. Gallen in Katharinen gibt er weder eine eindeutige Blickrichtung vor, noch bietet er einen linearen Erzählstrang. Statt dessen komponiert er aus Filmfragmenten in Schwarz-Weiss und rezitierten Briefausschnitten ein düster kafkaeskes Assoziationsgeflecht. Die gezeigten Bilder scheinen sich zu widersprechen, der Redestrom wird unterbrochen, selbst die Videosequenzen setzen sekundenlang aus.
Das auf eine Leinwand projizierte Video verwirrt mit einem sich apathisch küssenden Paar in einem leeren Parkhaus, auf den vier Monitoren wird an Türen gehämmert, gestikuliert, eine Zahlenreihe aufgesagt oder schlicht nichts gezeigt. Kaum ist das Auge durch eine Szene gebannt, wird die Konzentration durch Störgeräusche oder Bildschnitte wieder aufgehoben. Der 1975 geborene, in Amsterdam lebende Künstler ist kein Geschichtenerzähler, und doch fesselt er den Betrachter. Faszinierend sind die mal melancholisch, mal resigniert wirkenden Charaktere, die Psychologisierungen und die rasanten Kamerafahrten im Niemandsland: Reflexe der Film-noir-Ästhetik. Selbst die technischen Geräte, die Nashat nicht verbirgt, sondern an prominenter Stelle aufbaut und mit fallstrickartig gelegten Kabeln verbindet, fordern Aufmerksamkeit, ohne von der Macht der Worte und Bilder abzulenken. Im Gegenteil: In Katharinen wird spürbar, dass die Installation eigens hierfür geschaffen wurde. Sie ordnet sich dem mit Fenstern, Deckenbalken und niedrigen Wänden schwer zu bespielenden Raum nicht unter, sondern arbeitet bewusst mit der Transparenz nach aussen und der seltsamen Lichtstimmung innen.