Kapital prägt Landschaft und Baukultur

by Kristin Schmidt

Erben beeinflusst die Baukultur. Wenn Vermögenswerte in neue Hände übergehen, manifestiert sich das im baulichen Gefüge eines Ortes. Das Zürcher Künstlerduo Michael Meier und Christoph Franz ist dieser These nachgegangen und präsentiert die Antworten im Zeughaus Teufen.

Teufen — Wasser hat eine grosse Kraft. Es transportiert Steine, formt die Landschaft, treibt Maschinen an und bewegt die Menschen. Sie kommen dorthin, wo das Wasser ist. Das gilt nicht nur für Individuen, sondern auch für ihre Unternehmen: ohne Wasserläufe keine Industrialisierung, ohne Industrialisierung keinen Wohlstand für jene, die sie vorantreiben. Michael Meier (1980) und Christoph Franz (1982) untersuchen solche Zusammenhänge und auch das, was passiert, wenn Unternehmen und Besitz in neue Hände kommen, wenn Macht weitergegeben, hinzugewonnen oder geteilt wird. Das Zürcher Künstlerduo hat im ausserrhodischen Teufen ein ideales Studienobjekt gefunden. Wachstum und Gestalt der Ortschaft ist über lange Zeit von einer Handvoll Familien geprägt worden. Dreien davon widmen Meier und Franz das Projekt ‹Drei Geschichten›. Es besteht aus drei Teilen: der Ausstellung im Zeughaus Teufen, einer zweiteiligen Publikation und Interventionen in drei Teufener Bachtobeln.
Meier und Franz setzen sich seit bald 20 Jahren gemeinsam mit der gebauten Umgebung der Menschen auseinander. In städtischen und ländlichen Räumen erkunden sie bauliche Normen und Besonderheiten und deren gesellschaftliche Wechselwirkungen. Am Anfang stehen oft ausgedehnte Spaziergänge, hinzu kommen Recherchen, Notizen und die Synthese der Erkenntnisse. Unterstützung holen sie sich vor Ort bei Historikerinnen und Historikern und in ihrem kreativen Netzwerk. In Teufen stiessen sie auch bei den drei Familien auf grosses Wohlwollen. Und so sind detaillierte Familienchroniken ein Baustein des Projektes. Sie sind als grossformatige Wandtafel in der Ausstellung abgebildet, sind Kern der Publikationen und im Zeughaus Teufen in Hörstationen transformiert. Ebenso wichtig sind die geografischen Daten der Familienbesitzungen. Sie sind in ein System aus Koordinatentafeln in die Publikation eingeflossen und wurden auf Steine in drei ausgewählten Bachläufen gemeisselt. Eine dreiteilige Videoinstallation bringt die Atmosphäre entlang dieser Bäche eindrucksvoll in die Ausstellung. Die behauenen Koordinatensteine hingegen verbleiben in der Landschaft und werden unter dem Einfluss des Wassers verwittern. Letzteres ist nur eine Frage der Zeit – wie bei den Familiengeschichten: Das Ergebnis von Meiers und Franz´ künstlerischen und historischen Recherchen sind treffende Bilder für das komplexe Zusammenwirken von Geschichte, Geografie und Kapital.

Zeughaus Teufen, bis 25. Mai
www.zeughausteufen.ch