Die Besties und der Rest – ohne Hierarchien

by Kristin Schmidt

Zeit zurückzublicken: Seit 70 Jahren engagiert sich die Walter A. Bechtler Stiftung für die Kunst im öffentlichen Raum in der Schweiz. Lorenza Longhi bezieht sich in der aktuellen Ausstellung der Bechtler Stiftung in Uster auf dieses Erbe und zeigt zugleich ihren subjektiven Blick auf die Sammlungen der Bechtler-Familie.

Uster — Junge Künstlerinnen kuratieren zu lassen, ihnen den Blick auf eine Sammlung oder das Werk Anderer anzutragen, führt immer wieder zu besonders sehenswerten Ausstellungen. Die Künstlerinnen wagen unkonventionelle Werkkombinationen, können sich inhaltliche Freiheiten leisten und interpretieren den gegebenen Raum auf eigene Weise. Ein Beispiel für solch eine gelungene kuratorische Arbeit ist die aktuelle Ausstellung in der Bechtler-Stiftung in Uster: «The Best, The Rest, and The Unexpected Guests» zeigt den Blick der Zürcher Künstlerin Lorenza Longhi auf die Sammlungen der Familie Bechtler. Schon der Ausstellungstitel bereitet Freude.
Er verspricht das Unerwartete und weckt gerade damit Erwartungen. Er ist schmissig und erinnert an die Hit-Compilations der 1990er Jahre. Er benennt, was ist, und lässt doch alles offen. Wer sind die Besten? Lohnt sich der Rest? Was machen die Gäste? Und wie passt das alles zusammen? Hervorragend! Denn Lorenza Longhi wertet nicht, sie zeigt. In lustvoller Weise mixt sie formale und inhaltliche Kriterien, sie wartet auf mit gut gesetzten Highlights, sie wählt Klassiker ebenso wie junge Unbekannte und schafft es überdies, das besondere Engagement der Familie Bechtler zu würdigen: Seit ihrer Gründung im Jahr 1955 fokussiert sich die Walter A. Bechtler Stiftung auf Kunst im öffentlichen Raum. Longhi bezieht sich darauf mit einem Bild aus Kaspar Müllers Fotoserie ‹The Weather in Zurich› (2014). Es zeigt Jean Tinguelys ikonische Skulptur ‹Heureka›. Sie entstand 1964 für die Landesausstellung in Lausanne, wurde dort von Walter Bechtler erworben und 1967 am Zürihorn platziert. Die Walter A. Bechtler-Stiftung ist es auch, die im Zellweger Park in Uster hochkarätige Kunst öffentlich zugänglich macht unter anderem von Peter Fischli und David Weiss. Zwei Werke des Künstlerduos sind nun wiederum in Longhis Bestenliste vertreten. Und sie harmonieren in ihrer hintersinnigen Transformation von Alltagsgegenständen beispielsweise mit Werken von Sylvie Fleury oder solchen der Zürcherinnen Sveta Mordovskaya und Miriam Laura Leonardi.
Die Ausstellung feiert die Malerei, sie lässt die Farben knallen und präsentiert formalen Reichtum. Das alles gerät nicht zum Durcheinander, sondern wird in anregende Nachbarschaft gesetzt. Mal führen inhaltliche Anknüpfungspunkte von einem zum anderen, dann wieder schlagen Formen oder Farben eine Brücke. Und einer wacht über das Ganze: Katharina Fritschs ‹Pudel› (1995) behält alles im Blick.

‹The Best, The Rest, and The Unexpected Guests›, Bechtler Stiftung, bis 21. April
bechtlerstiftung.ch