Denn in den Wäldern sind Dinge

by Kristin Schmidt

Rapperswil — Der Wald brennt. Der Wald ist zu trocken. Der Wald stirbt. Er wird aufgeforstet. Er erholt sich und wächst. Der Wald steht unter Beobachtung. Wir brauchen ihn. Er stabilisiert das Klima, steile Hänge und wirkt sich günstig auf das menschliche Befinden aus. Er hat Kulturen geprägt und die Kunst inspiriert, denn der Wald ist für die Menschen nicht nur erholsam und nützlich, er ist auch märchenhaft und wundersam. Das Kunst(Zeug)Haus Rapperswil zeigt, wie dieser Themenreichtum mit formaler Vielfalt einher geht. Viviana González Méndez beispielsweise sammelt bei Streifzügen die Gerüche des Waldes ein. Akribisch notiert die in Baden und Bogota lebende Künstlerin Dauer und Art der Duftwolken und übersetzt dies in kunterbunte Textilflächen aus Gebrauchtkleidern. Marianne Engel ist dem Magischen in der Natur auf der Spur. Die Künstlerin lebt im Aargau nahe und mit dem Wald. In Rapperswil installiert sie in einer dunklen Kammer fluoreszierende Pilze, hält das Verwesen in Abgüssen und Abdrücken fest und zeigt Fotografien aus finsterer Nacht mit blitzhell ausgeleuchteten Fliegenpilzen oder knorrigen Ästen. Hier wird deutlich, warum der Wald in früheren Zeiten nicht nur positiv besetzt war, sondern als geheimnisvolle, ja gefährliche Zone galt.
Die Ausstellung in Rapperswil ist zwar eine Gruppenausstellung, setzt dabei aber auf grössere Werkgruppen der Künstlerinnen und Künstler. Dadurch können sich die Positionen besser entfalten und einen tieferen Eindruck hinterlassen. Von Monica Ursina Jäger, die sich sowohl wissenschaftlich als auch künstlerisch mit der Natur auseinandersetzt, sind drei Werkgruppen zu sehen und Lutz & Guggisberg zeigen neben Plastiken über dreissig grüne Gemälde. Darin explodiert, blitzt und strahlt es; Wesen wuseln, krabbeln und wundern sich; die Welt geht unter und wieder auf. Das macht Spass, auch wenn der Wald zur Nebensache gerät. Dafür wird er in ‹Mastering Bambi› des niederländischen Duos Persjin Broersen und Margit Lukács zum Hauptakteur. Sie zeigen eine digitale Version des Disney-Filmklassikers, aber ohne Bambi, Klopfer, Blume und all die anderen Tiere. Hier spielt der Wald sich selbst. Er ist physischer und fantastischer Raum. Er eignet sich für Projektionen und Reflexionen, oder wie es Franz Kafka an seinen Freund Max Brod im Jahr 1918 auf einer Postkarte schrieb: «Denn in den Wäldern sind Dinge, über die nachzudenken man Jahre lang im Moos liegen könnte.» – was für ein passend gewähltes Motto für diese Ausstellung.

Kunst(Zeug)Haus Rapperswil, bis 2.2.

kunstzeughaus.ch