Georgia Sagri

by Kristin Schmidt

Vaduz — Dualitäten auflösen, Grenzen niederreissen, Nationalitäten vergessen und die damit verbundenen Erwartungen, stattdessen Vergnügen empfinden bei jedem Schritt, jedem Geruch, jedem Klang – Georgia Sagri arbeitet an einer Vision. Den globalen Krisen, Spannungen und Kriegen setzt sie ein energisches Werk entgegen, das Verletzungen als Quelle für heilende Kraft interpretiert. Das Kunstmuseum Liechtenstein zeigt die 1979 in Athen geborene Künstlerin in seiner Reihe ‹Im Kontext der Sammlung› und kann dabei zurückgreifen auf die Arbeit ‹Dynamis/Soma in orgasm as sex (2017)›, 2023, die sich in der Museumssammlung befindet und Teil einer Serie für die documenta 14 war. Sie stellte Organe und Körperteile dar und umfasste zudem eine zehnteilige Atempartitur. Die Performances in Kassel und Athen haben ihre Spuren am Werk hinterlassen, die Georgia Sagri auf japanische Art geheilt hat: Mit der Kintsugi-Technik werden die Kratzer und Bruchstellen nicht kaschiert, sondern golden hervorgehoben. Das Versehrte erhält einen neuen ästhetischen und materiellen Wert und steht hier im Mittelpunkt der Ausstellung. Die Arbeit ist wie viele andere Werke der Künstlerin mit einer Performance verbunden und doch mehr als ein Requisit oder Relikt. Das gilt auch für ‹Stage of Recovery›, 2020/2024: Es ist einerseits als eigenständiges Objekt ausgestellt; andererseits verweist die hölzerne Plattform mit rot überzogenen Polstern auf das von Sagri entwickelte IASI – eine Erholungspraxis, um nach körperlich und mental anstrengenden Performances wieder zu Kraft zu kommen.
Wer im ‹Im Kontext der Sammlung› ausstellt, erhält Zugriff auf die Sammlungen des Kunstmuseums. Georgia Sangri hat sich entschieden, sechs Dauerleihgaben aus der Sammlung Veronika und Peter Monauni auszustellen. Die aus den 1950er Jahren stammenden Werke werden einzeln nacheinander für jeweils mehrere Wochen präsentiert. Jedes Werk ist mit einem Crop Mark, einem Platzhalter, markiert und von einem Text begleitet. Damit verbindet die Künstlerin die in der Kunst aufscheinenden historischen Wunden mit inneren und äusseren Konflikten. Sagris Untersuchung von Verletzungen und deren Folgen reicht bis auf die Aussenhaut des Museums: Auf der Gebäudehülle hat sie den ‹Deep Cut›, 2018 angebracht – einen anderthalb Meter langen Vinylsticker mit dem Bild eines blutenden Schnitts. Plastisch zeigt er, wie verletzlich nicht zuletzt ein Kunstort ist und wie Wunden nach Heilung rufen.

‹Georgia Sagri. Case_O Between Wars›, Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz, bis 9.2.
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