Wenn aus Treibgut Druckgrafik wird

by Kristin Schmidt

Die 16. Frauenfelder Buch- und Druckkunstmesse präsentierte künstlerisches Handwerk aus fünf Ländern im Eisenwerk Frauenfeld: Über 50 Ausstellerinnen und Aussteller aus den Bereichen Grafik, Buchkunst, Buchbinderei, Papierhandwerk und Druck sorgten für eine stimmige Atmosphäre. Laien und Profis schätzen den Austausch gleichermassen.

«Es lohnt sich, so ein Plakat zu kaufen. Er ist weltberühmt.» – Der so unter den Gästen Weiterempfohlene ist Dafi Kühne, Ehrengast der 16. Buch- und Druckkunst-Messe im Eisenwerk in Frauenfeld. Tatsächlich werden die Arbeiten des Glarner Gestalters international ausgezeichnet und ziehen stets die Aufmerksamkeit auf sich. So auch an der diesjährigen Werk- und Verkaufsschau in Frauenfeld, die auch unter dem Namen Handpressenmesse bekannt ist. Kühne sorgte für einen wirkungsvollen Auftakt im Foyer der Ausstellungshallen. Er hatte zahlreiche seiner Plakate mitgebracht und präsentierte sie schwungvoll den Schaulustigen.
Bereits am Freitag zog die Messe viele interessierte Laien und Profis an, auch Schulklassen gehörten zu den Gästen. Auffällig war die lange Verweildauer des Publikums an allen drei Messetagen.

Entdecken, Stanzen, Drucken
Die Besucherinnen und Besucher liessen sich von den zahlreichen Mitmachaktionen anregen. So hatte das Frauenfelder Antiquariat Vivarius ein Büchlein ausgewählt, bei dem die Seitenanzahl und das Druckjahr zu erraten waren. Der Preis: ein handverlesenes Bändchen aus dem Insel-Verlag. An anderen Messeständen wurde geprägt, gedruckt und gefaltet.
Percy Penzel beispielsweise hatte eigens die Linotype-Zeilensetzmaschine aus dem Typorama ins Eisenwerk gebracht. Bei Michael Diebold von Petite Ourse konnte ein Notizbuch mit goldgeprägten Initialen versehen werden. Und für alle, die ihre Messeeinkäufe stilvoll nach Hause transportieren wollten, bot Hagmann Siebdruck das Bedrucken von Baumwolltaschen an.
Viele der Ausstellerinnen und Aussteller reisten von weither an – die Handpressenmesse hat sich längst zu einem Treffpunkt in der Buch- und Druckkunstszene weit über die Schweiz hinaus entwickelt: Auch Vereine, Verlage, Werkstätten und Ateliers aus Frankreich, Deutschland, Österreich und Liechtenstein gehören zu den regelmässig Teilnehmenden. Fred Lautsch, der Ehrengast aus dem Jahr 2022, reiste aus Stralsund an und hatte Treibgut als Druckstock im Gepäck oder wie er es an seinem Messestand beschrieb: «Das ist das Meer.» Er hat die weichen Teile des Holzes ausgewaschen, so dass sich mit der stehengebliebenen Maserung grafische Druckkunstwerke gestalten lassen. Auch Barbara Brübach alias fettetypen hatte einen weiten Weg: Ihre Hochdruckwerkstatt ist in Niedersachsen. Die Gestalterin war zum zweiten Mal in Frauenfeld dabei und schätzt hier besonders den Austausch mit anderen Fachleuten, der im Alltag oft zu kurz kommt. So berichtete es auch Felix Flesche von der Letternpresse im bayerischen Wessling. Vor zwei Jahren war er als Besucher in Frauenfeld und nun erstmals mit einem eigenen Stand. Sein Schwerpunkt ist das Drucken mit Tagesleuchtfarbe auf kleinen Formaten. In Leonie Amslers Atelier Mirla stehen die Pflanzen im Mittelpunkt. Die Baslerin war ebenfalls neu als Ausstellerin an der Messe und präsentierte ihre Monotypien – ein selten gewordenes Handwerk, das an der Handpressenmesse am richtigen Ort ist. Jede Monotypie ist ein Einzelstück, genau wie die ausgestellten Künstlerbücher des Forum Künstlerbuch Basel.

Von der Streichholzschachtel zum Weltformat
Das Künstlerbuch darf vieles, was andere Bücher nicht können oder dürfen oder nur ausnahmsweise. Sie kommen in Streichholzschachtelform daher oder als Memory, als Leporello oder als handgemaltes Unikat. Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Schweiz publizieren hier. Die ganze Vielfalt der Druckkunst präsentiert druckwerk print and art. Der Verein betreibt in Basel ein offenes Atelier und Dorothee Dieterich betont: «Wir haben alles ausser Siebdruck.». Wie viele andere Ausstellerinnen und Aussteller arbeitet der Verein auch in der Vermittlung. Das gilt beispielsweise für die Handbuchbinderei Merten aus Gottlieben am Bodensee oder das Basler Kunsthandwerk «Buchbinden». Bei der ersten wurden alle angesprochen, die selbst gern von Hand schreiben: mit ebenso schönen wie praktischen Notizbüchern. Die zweitgenannte hat sich unter anderem auf das Binden von Partituren spezialisiert. Verlage wie der Zürcher Triest Verlag, die Verlagsgenossenschaft St. Gallen oder die Dahlemer Verlagsanstalt aus Berlin präsentierten gut gestaltete Bücher mit Covern von grafisch bis typografisch, von malerisch bis fotografisch. Andere Stände boten Kalender für das kommende Jahr und bei Annegret Frauenlob, die nach 2016 und 2022 zum dritten Mal an der Messe teilnahm, war zu erfahren, dass bereits der Kalender für 2026 in Planung ist. Dann findet auch die nächste Handpressenmesse statt. Das neue Team rund um die Co-Präsidentinnen Berrit Fuhrmann-Stieler und Karin Gubler ist bereits an der Arbeit für die nächste Ausgabe.

Rückblick Handpressenmesse 2024 (www.buch-und-druckkunst-messe.ch)