RADAR: Der Performance Art Funds

by Kristin Schmidt

Ein neues Förderinstrument für Konzeption, Produktion und Diffussion in der Darstellenden Kunst

Warum hat die Ria & Arthur Dietschweiler Stiftung den PAF als neues Fördergefäss gegründet?
Bianca Veraguth: Die Stiftung hat drei Förderschwerpunkte: Bildung, Soziales und Kultur. In letztgenanntem unterstützen wir grosse und kleine Vorhaben beispielsweise in der Sparte Musik, aber insgesamt fehlte uns die strategische Schärfung wie das in den anderen Bereichen bereits der Fall ist. Bei Gesprächen mit Förderstellen, Stiftungen und Kulturaktiven hat sich schnell die schwierige Situation der hiesigen Freien Szene gezeigt. Wir haben uns daraufhin entschieden, eine Lücke zu füllen: die kontinuierliche und breit gefächerte Unterstützung der Freien Szene und als zweites strategisches Standbein das Kulturerbe der Ostschweiz.

Was heisst es, ein neues Fördergefäss aufzubauen?
Bianca Veraguth: Wir sind sehr offen vorgegangen und haben zunächst den Kriterien für das Gefäss und dessen finanzielle Ausstattung bestimmt. Mit Ann Katrin Cooper haben wir den Insiderblick in die Freie Szene gewinnen können. Zudem war es uns wichtig, eine externe Jury einzuberufen für eine unabhängige professionelle Beurteilung 
Ann Katrin Cooper: Ich wurde beauftragt, ein Konzept zu entwickeln, auf dieser Basis wurden in der Fördervereinbarung die wichtigsten Rahmenbedingungen festgehalten. Wir haben uns auch Flexibilität und Lernprozesse zugestanden und werden die Arbeit regelmässig überprüfen, um zu erfahren, ob die Instrumente wirklich greifen und die erhoffte Wirkung erzielen. 

Was sind die Besonderheiten dieses neuen Fördergefässes?
Bianca Veraguth: Wir haben uns entschieden, ein in sich geschlossenes, neutrales Gefäss aufzubauen. Wir wollten einen Mehrwert erzielen, indem wir die Konzeption, die Produktion, Weiterbildungen, Verstetigung und die Diffusion unterstützen.
Ann Katrin Cooper: Wichtig ist uns eine nachhaltige und substantielle Unterstützung: Wir fördern die Künstlerinnen und Künstler aufeinanderfolgend mit unterschiedlichen Förderwerkzeugen und in allen Phasen des künstlerischen Prozesses, einschliesslich der Weiterbildung. Sie wird in der Förderung oft nicht berücksichtigt. Alle Unternehmen ermöglichen Weiterbildungen, und in der Freien Szene ist es ebenfalls wichtig, sich aktuellen gesellschaftlichen und technischen Veränderungen stellen zu können. Zudem bieten wir, wo es sinnvoll ist, Beratungen an, damit das ganze Potential der unterstützen Projekte zum Tragen kommt.

Wie fördert der PAF die Diffusion?
Ann Katrin Cooper: In vielen Kantonen des Fördergebiets sind Gastspielhäuser rar. Hier nützen die nationalen Programme nichts, bei denen sich die Institutionen für Koproduktionen und Gastspiele austauschen. Wir müssen also viel früher beginnen. Vielleicht braucht es künftig eine Person, die sich insbesondere um das Diffusionsmanagement kümmert und die Förderung eines Netzwerks. In der Jury haben wir erfahrene Profis, die sich hier einbringen können.

Wie wird die Performance-Kunst definiert? Wird abgegrenzt zwischen Performancekunst und performativer Kunst?
Ann Katrin Cooper: Darüber haben wir lange diskutiert. Uns geht es weniger darum, wo das Geschehen stattfindet, ob im Ausstellungs- oder im Theaterraum, sondern dass es stattfindet. Die Performanceszene in der Ostschweiz ist sehr klein im Vergleich zur Westschweiz, deshalb zieht der PAF nicht von vornherein scharfe Grenzen. Wir wollen ermöglichen! 
Bianca Veraguth: Qualitative Kriterien und inhaltliche Freiheit sind uns wichtiger als Sparten.

Bianca Veraguth, MAS Cultural Management und MAS Communication Management & Leadership, arbeitet als Geschäftsführerin der Ria & Arthur Dietschweiler Stiftung und war für zahlreiche Kulturinstitutionen wie -förderer tätig.

Ann Katrin Cooper, MA Angewandte Kulturwissenschaften, ist Kulturvermittlerin, künstlerische Leiterin des Panorama Dance Theaters, Gründerin des POOL – Raum für Kultur, Geschäftsführerin des PAF und Beraterin von Kulturinstitutionen und Kulturschaffenden.

Obacht Kultur, PERFORMANCE, Rubrik RADAR, No. 50 | 2024/3