Dreher, Krieg, Winteler
by Kristin Schmidt
Schaffhausen — Es knirscht. Knackt. Splittert. Plastik bricht unter den Schuhen. Der Boden ist voller bunter Teile. Wasserpistolen, Sammelfiguren, Bügelperlen, Bonbonspender, Überraschungseier und deren Inhalt, ein Vampirgebiss und Dekoblumen – Dinge ohne oder von geringstem Nutzwert. Hergestellt aus Kunststoff, oft für kurzfristiges Amüsement, schnell verbraucht und ebenso schnell vergessen. Isabelle Krieg hat diesen Plastiktinnef aufgehoben und im Vebikus ausgestreut. So dicht, dass kein Entkommen möglich ist – der kunterbunte Unfug ist überall. Und doch ist er nur ein Teil der Installation ‹Gimmick›, 2023. Ihr grösseres Element sind Schwemmhölzer aus dem Bodensee und aus Flüssen der Umgebung. Auch sie stehen für das Übriggebliebene, Ausgesonderte. Widerspenstig sind sie im Raum verkeilt als Gegenbild zum industriell gefertigten Unfug. Dieser inszenierte Kontrast mag etwas didaktisch anmuten, dennoch hat er seine Berechtigung, solange Wegwerfartikel aus Erdöl sorgenlos konsumiert werden.
Ob Erdöl in Autoreifen sinnvoller eingesetzt ist, darüber gehen die Meinungen auseinander und dieses heisse Eisen fasst auch Andrin Winteler nicht an. Ihn faszinierten Reifen als rotierende Objekte. In seiner Ausstellung ‹Pneu Pneus Pneuma›, 2023 hält er ihr Drehen an und verkehrt es ins Gegenteil: Ein Monitor, ein Scheinwerfer und mit diesem die Schatten kreisen um Autoreifen. Die Reifen selbst stehen still, sie sind ins ruhende Zentrum versetzt. Oder sie werden dank Bildbearbeitungsprogrammen einer Torsion unterworfen – in Endlosschlaufe, aber ohne langen Nachhall: Wintelers Werke sind primär optische und technische Spielereien. Sie werden im Obergeschoss des Vebikus gezeigt, genauso wie die dritte der drei parallelen Ausstellungen: Angelika Shaba Dreher fügt für ‹Euphoria› vier Werke und Werkgruppen stimmig zusammen. Verbindendes Element ist ein Hauch von Glamour. Die Künstlerin präsentiert einen raumgreifenden Fliegenvorhang, Webarbeiten und Objekte mit schimmernden Perlen. In den Vorhang und die gewobenen Bänder sind Wörter und Sätze eingearbeitet. Sie beziehen sich auf die aktuelle gesellschaftliche Diskussionen zur Aufklärung und Konstrukten des Zusammenlebens. Dreher wirft nicht mit Parolen um sich, sondern verweist mit neuen Wortschöpfungen auf die Schwierigkeit, das gegenwärtige Zeitalter und seine Herausforderungen begrifflich zu fassen: Wäre die Welt eine andere, könnten wir uns als ‹verfreigleichwahlwandt› begreifen?