Ukrainische Naive Kunst

by Kristin Schmidt

St.Gallen — Der Krieg ist dunkelbraun und hat eine stachlige Mähne. Angriffslustig blickt er aus seinen vertikal gestellten Augen: In Maria Prymachenkos Gouache ist ‹Die Bestie des Krieges› ein rundliches Tier mit kurzen Beinen und eingerolltem Schwanz. Die ukrainische Künstlerin (1909–1997) hat es in den 1970er Jahren zu Papier gebracht. Da galt sie in ihrer Heimat längst als «Volkstalent». Später kam auch internationale Anerkennung hinzu. Das verhinderte nicht, dass Werke Prymaschenkos jetzt während der russischen Invasion beschädigt und zerstört wurden. Die aktuelle Ausstellung im open art museum St.Gallen ist deshalb zweierlei: Sie ist das Angebot, ukrainische Kulturgüter zu schützen, indem sie ausser Landes gezeigt werden, und zugleich vermittelt sie die identitätsstiftende Kraft und den Wert der Naiven Kunst. Prymaschenkos Tier- und Blumenbilder bilden nur einen kleinen Teil der Ausstellung. Grosses Augenmerk liegt auf Szenen des Landlebens und Porträts aus der Hand von Hryhorii Ksionz, Yakylyna Yarmolenko und anderen: Bäuerinnen und Bauern lassen sich in repräsentativer Pose malen. Stolz und Verbundenheit mit dem eigenen Dorf sprechen aus diesen Motiven. Jetzt leidet nicht nur diese Lebenswelt unter Angriff und Zerstörung, auch ihre kulturellen Zeugnisse sind akut bedroht. ks

→ ‹Die Bestie des Krieges – Naive Kunst aus der Ukraine›, open art museum, St.Gallen, bis 25.2.2024
↗ openartmuseum.ch