Das Museum als Motiv
by Kristin Schmidt
Das Kunstmuseum Liechtenstein und die Hilti Art Foundation präsentierten ihre erste gemeinsame Ausstellung. Die Sammlungen sind entlang einer Fotoserie von Candida Höfer präsentiert. Die deutsche Fotografin stellt in ihren Arbeiten auch verborgene Räume der beiden Kunstmuseen vor.
Kunstdepots und Kistenlager, Lastenaufzüge und Treppenhäuser, Werkstätten und Lichtdecken – ein Museum hat mehr als Foyer, Café und Ausstellungssäle. Im Kunstmuseum Liechtenstein und in der Hilti Art Foundation sind diese verborgenen Räume jetzt ausgestellt: in Fotografien von Candida Höfer.
Die deutsche Künstlerin, 1944 in Eberswalde geboren, ist international bekannt dank ihrer Fotografien von Bibliotheken, Museen oder Opernsälen. Sie fotografiert diese Orte der Bildung und Hochkultur meist aus strenger Zentralperspektive, ohne zusätzliches Licht und menschenleer. Die grossformatigen Bilder zeigen eine erhabene Atmosphäre, es sind prachtvolle Innenräume in Stille und Schönheit.
Fotografien von Kisten und Treppen
Nun also die Lagerräume der beiden Kunstmuseen in Vaduz, die engen Treppen, die Aufzüge und sogar der Aussenraum – Candida Höfer zeigt hier eine ganz andere Facette ihrer Arbeit. Dazu kam es, weil das Kunstmuseum Liechtenstein und die Hilti Art Foundation zum ersten Mal eine gemeinsame Ausstellung planten. Von Anfang an war klar, die Präsentation solle von den beiden Sammlungen ausgehen, und der Wunsch war, Fotografien von Candida Höfer einzubeziehen.
Die Künstlerin wurde angefragt, ob sie sich vorstellen könnte, eigens das Kunstmuseum Liechtenstein mit einer Fotografie zu porträtieren. Sie konnte und hat in Vaduz sogar eine Serie von 21 Bildern realisiert. Diese Aufnahmen bilden den formalen Ausgangspunkt für die ausgewählten Werke aus den Sammlungen der beiden Häuser.
Die Ausstellung folgt einem einfachen Weg: In jedem der sieben Säle sind eine bis fünf der neuen Fotografien Höfers ausgestellt und passende Sammlungswerke zugeordnet. Wenn beispielsweise Höfer aufgereihte Kisten im Depot zeigt, wurde eines der geometrisch reduzierten Gemälde Mondrians daneben platziert. Zur regelmässigen Anordnung der Oberlichter passt ein Objekt der Minimal Art. Windet sich in der Fotografie von Candida Höfer ein Treppenhaus, so antwortet ihm ein Gemälde von Steven Parrino mit verdrehter Leinwand. Neben Aufnahmen des Aussendepots der Liechtensteinischen Landesbibliothek mit seinen regelmässigen Buchreihen hängt ein abstraktes Gemälde mit vertikalen Streifen. Zur Tenne in Vaduz passen Arte Povera und Surrealismus: Im fotografierten Schuppen liegen ausgediente Dinge. Ein Beil auf einem Klotz ist bereit, sie das zu Kleinholz zu verarbeiten. Die neben diesem Bild gezeigten Sammlungswerke enthalten Reisigbündel, Holz, Tierhäute oder Pflanzen – hier treffen Natur und Kultur schlüssig aufeinander.
Ein Aussenraum als Interieur
Candida Höfers Fotografien legen eine Spur durch beide Häuser. Daran entlang sind die Sammlungswerke aufgereiht. Es gibt Wiederbegegnungen und neue Nachbarschaften, aber nur eine einzige echte Überraschung: Im Seitenlichtsaal hängt ausserhalb der eigentlichen Ausstellung eine Aufnahme des schwarzen Museumsbaus. Candida Höfer, die sonst selten im Aussenraum fotografiert, verzichtet hier auf die Zentralperspektive und zeigt das Kunstmuseum im Vaduzer Städtle schräg von oben. Die hellen Bodenplatten, die sorgfältig platzierten, farbigen Tische und Stühle, die kegelförmig geschnittenen Buchsbäume – hier ist alles am richtigen Platz, alles sauber, nichts dem Zufall überlassen. Selbst das Licht wirkt homogen, Hintergrund und Himmel sind einem neutralen Weiss gewichen. So wirkt sogar ein Aussenraum wie ein Interieur – Candida Höfer bleibt sich treu.