Lene Marie Fossen
by Kristin Schmidt
St.Gallen — Darf diese Kunst gezeigt werden? Die Selbstporträts von Lene Marie Fossen (1986–2019) haben diese Frage immer wieder provoziert. Eine Antwort gibt jetzt das St.Galler Museum im Lagerhaus und präsentiert die Arbeiten der norwegischen Fotografin erstmals ausserhalb ihres Landes. Damit stehen sie im Kontext der sogenannten Outsider Art und werden eng mit Fossens Biografie verknüpft. Das ist der richtige Umgang mit diesem Oeuvre, denn die Selbstporträts sind nicht zu trennen von Fossens Leben: Im Alter von zehn Jahren entscheidet sie, nicht mehr zu essen, und bleibt magersüchtig, bis sie an der Krankheit stirbt. Sie verweigert sich dem Älterwerden, dem Lauf der Zeit und überträgt dieses Thema in die Fotografie: Die Zeit dokumentieren, sie einfrieren – die Autodidaktin hält ihre fragile Existenz mit der Kamera fest. Sie fotografiert sich in entrückten Posen beispielsweise in einem verfallenen Krankenhaus auf der Insel Lesbos. Die sorgsam komponierten, hochästhetisierten Bilder sind ein sehr persönliches Lebenszeugnis. Eingebettet sind sie im Museum im Lagerhaus in die Schau ‹KörperBilder› aus der eigenen Sammlung. Auch hier steht der weibliche Körper im Zentrum, allerdings mit stark erotischen Konnotationen und sehr unmittelbarem Ausdruck.