Palm Trees and Snowballs
by Kristin Schmidt
Michael Bodenmann, Brigit Edelmann, Julia Körner, Stefan Rohner und Pascal Lampert verbinden in einer gemeinsamen Ausstellung tropische Pflanzen und Wintersymbole. «Palm Trees and Snowballs» in der Shedhalle im Eisenwerk Frauenfeld zeigt aktuelle Malerei, Fotografien, Videos, Installationen und Objekte.
Südseeromantik, Traumstrände, Piratenabenteuer – Palmen gehören dazu. Sie transportieren die Sehnsucht nach Wärme, Exotik und Ferne. Dominieren jedoch Hitze und Trockenheit, ist Schnee das Aussergewöhnliche und ein Schneeball ein kleines Wunder. Zwischen diesen beiden Polen, zwischen «Palm Trees and Snowballs» bewegt sich die aktuelle Ausstellung im Shed im Eisenwerk Frauenfeld. Der Titel in englischer Sprache verweist auf die lange Folge internationaler Künstlerinnen und Künstler, die mit Schnee, Eis und Palmen gearbeitet haben. Sie brachten Eisblöcke zum Schmelzen, verkauften Schneebälle, malten Südseeidyllen oder liessen sich von einer fallenden Kokosnuss erwischen. Je älter diese Kunstwerke sind, desto weniger ist das Klima ihr eigentliches Thema. Wie ist das heute? Dienen Schneebälle und Palmen nur noch als Zeichen für die globale Erwärmung und ihre Folgen?
Die Ausstellung spannt das inhaltliche Feld weit auf. Sie klammert die aktuellen Klimafragen nicht aus, lässt sich aber nicht darauf reduzieren. So fotografiert Michael Bodenmann Palmen als Strassendekoration oder setzt ihnen ein kleines bronzenes Denkmal. In der Arbeit des gebürtigen St.Gallers sind die exotischen Pflanzen ein Sehnsuchtselement. Julia Körner setzt Palmen in kahle Gebirge. Die Berlinerin malt Traumlandschaften, bei denen offen bleibt, ob diese Orte angenehm oder trist sind. Die Gebirge wirken gleichzeitig mächtig und fragil, letzteres aufgrund der durchscheinenden Farbschichten in zarten Tönen. Die meisten der Bilder sind eigens für die Ausstellung entstanden und eröffnen einen poetischen Raum in der ausgedienten Frauenfelder Werkhalle. Den Kontrast zu dieser entrückten Welt bilden die Installationen von Pascal Lampert, Brigit Edelmann und Stefan Rohner. Lamperts Arbeit ist im Rahmen einer Performance entstanden: Mit Kreide hat er mithilfe einer Schablone das Wort «Palm» seitenverkehrt auf den Boden geschrieben, wieder und wieder. Der Kreidestaub bedeckt den Boden, wird mit jeden Schritt weitergetragen – die Assoziation zum CO2-Fussabdruck drängt sich auf. Der … Künstler dekoriert seine Arbeit mit einem Paar weisser Gummistiefel, die ihren Gegenpart in einer Ansammlung weisser Zehensandalen von Stefan Rohner finden. Der St.Galler Künstler projiziert Wasserwellen auf die Insel aus Flipflops und kommentiert damit den steigenden Meeresspiegel. Stefan Rohners Arbeiten sind oft humorvoll, etwa wenn er aus Fliegenvorhängen Lianen windet oder einen Mooshaufen atmen lässt. Nur einmal wird der Klimawandel explizit Thema, wenn unter einem Regenbogenschirm die Stimmen Jugendlicher erklingen. Hier kippt die Arbeit ins Bemühte, ohne eine echte Dringlichkeit zu entfalten. Überzeugend hingegen ist die Installationen von Brigit Edelmann. Die St.Galler Künstlerin arbeitet seit längerem mit realen Pflanzen. Sie lässt beispielsweise eine Palme aus einem Kühlschrank herauswachsen, in die Tür ist eigens ein Loch gesägt. Das Exemplar stammt aus dem Tessin, wo sich bestimmte Palmenarten aufgrund klimatischer Veränderungen mehr und mehr wohl fühlen. Ohnehin sind Palmen im Tessin nicht schon immer zu Hause. Sie wurden angepflanzt und haben sich mehr und mehr Terrain erobert und teilweise heimische Pflanzen verdrängt. Solche Prozesse sind oft unumkehrbar, aber es gibt weltweit agierende Saatgut-Banken, in denen alte Kulturpflanzen aufbewahrt werden. Angelehnt an den Saatgut-Tresor auf der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen hat Brigit Edelmann in der Shedhalle ein Labor eingerichtet. Alles ist bereit: Pipetten, Leuchttisch, Reagenzgläser, Lampe, Lupe, auch das Saatgut fehlt nicht. In diesem Falle sind es Samen von verschiedenen Palmen, angefangen von der Gelee Palme, über die Kubanische Königspalme, die Alexanderpalme, die Siegellackpalme bis hin zu Hanfpalmen. Werden Palmen also irgendwann zum raren Gut? Oder werden sie sich weiter ausbreiten? Bis in die Ostschweiz sogar?