Zur Kunst mit der Sesselbahn

by Kristin Schmidt

Die Alp Sellamatt ist Schauplatz der siebenten Ausstellung der Kunsthallen Toggenburg. Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Schweiz zeigen ein Wochenende lang performative Kunst.

Ein Ticket sein, eine Alpwiese in einen Fussballplatz verwandeln, Erdbeben produzieren – Kunst macht´s möglich. Kunst macht´s öffentlich. Aber was, wenn die Kunst keinen Ort hat? Braucht sie nicht. Hauptsache, sie hat Platz. Den findet der Verein Kunsthalle[n] Toggenburg jedes Jahr neu: Seit 2006 gibt es eine grosse Kunstausstellung im Toggenburg immer im Herbst, immer an wechselnden aussergewöhnlichen Orten von der Iburg zum Bahnhof, von der Brauerei zur Molkerei.

Die siebente Ausgabe der Ausstellung zieht auf die Sellamatt oberhalb Alt St. Johann und nimmt den Namen zum nicht ganz ernstgemeinten Motto: „C´est la matt – Alles wird gut“. Daran besteht kein Zweifel. Die Künstlerliste ist ebenso vielversprechend wie die angekündigten Aktionen. Für einmal wird es keine fix installierten Werke geben. Stattdessen werden alle Künstler und Künstlerinnen, ob aus Genf, Zürich oder der Region, vor Ort anwesend sein. Sie werden in und mit der Landschaft agieren, werden das Kunstpublikum einbeziehen oder die Aufmerksamkeit auf ganz persönliche Erfahrungen lenken. Andrea Vogel lädt beispielsweise ein, Gedanken und Gefühle auf Zetteln zu notieren und an ihre Kleidung zu heften. Ein Alpsegensprecher wird die Zettel am Abend abnehmen und als Alpsegen ausrufen. Auch Silvio Faieta nimmt sich des Berglebens an. Er wird mit einem Benzinrasenmäher ein fussballfeldgrosses Stück Alpwiese mähen – innert 90 Minuten mit Halbzeitpause dazwischen. Was zunächst wie eine amüsante Transformation des Grüns daherkommt, reflektiert den Druck der heutigen Alltagswelt auf das Alpleben und auf die Natur gleichermassen.

Wenn sich Mensch, Technik und Natur oder Medien und Tradition treffen, gibt es vielerlei Konfliktpotential. Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung thematisieren dies auf ganz unterschiedliche Weise. Manuela Langer verschnürt mit einer Siloballenmaschine Toggenburger Fundstücke. Olivia Wiederkehr erinnert an verschollene oder verstorbene Alpinisten und Alexandra Maurer lässt mit Bässen die Erde erbeben. Gabriela Hohendahl persifliert „Bauer sucht Frau“, während Stephan Kreier und Markus Eugster die letzte Alpabfahrt als Teufelsritt inszenieren und ein hölzernes Riesenrad talab donnern lassen. Referenzen an das Leben und das Land mal mit engerem Bergbezug, mal ohne gibt es auch bei Isabel Rohner, Dennis Eggenberger, Linda Pfenninger und in Gisa Franks Tanzperformance.

Jan Kaeser schliesslich kündigt an, sich zu verwechseln. Der Künstler mit seiner Lust am Absurden versetzt sich in Dinge, um ihrem Wesen auf die Spur zu kommen. Vielleicht passend zum Ausstellungsort in ein Sesselbahnbillet? Bei Kaeser ist alles möglich. Bei arthur auch. Der Wohnwagen ist das Symbol der Kunsthallen Toggenburg und markiert diesmal den Start durch den Kunstparcours: Die Ausstellung folgt einer ausgetüftelten Choreographie bei der eine Performance nach der anderen besucht und erlebt werden kann. Verlaufen und Verpassen ausgeschlossen.