Geschlagene Schönheit
by Kristin Schmidt
Alexandra Maurer zeigt in ihrer dritten Einzelausstellung in der Galerie Paul Hafner eine Weiterentwicklung ihrer Werke. Körper und Dynamik spielen die Hauptrolle darin.
Wumm! Ein dumpfer Schlag tönt aus der Galerie. Wumm! Noch einer. Immer wieder hallt der Ton durch den Raum. Obgleich rein akustisch, reicht der Schlag bis in die Eingeweide. Er zwingt die Schritte in die eigens errichtete Videokoje in der Galerie Paul Hafner. Wumm! Im Takt der Schläge scheinen Bilder auf und verschwinden wieder: Frauen mit erhobenen Armen, Abwehr, Gesichter, Menschen, Stadtraum, Finsternis, Licht. Dann folgt ein Klirren.
Es ist kein Film, der da projiziert wird und doch eine höchst lebendige Bilderfolge. Einerseits ist da die dramatische Körpersprache der Personen, ihre spannungsgeladene Aktivität. Andererseits spielt Alexandra Maurer virtuos mit den Medien. Grobkörnige schwarzweis Bilder kontrastieren mit farbigen Filmstills, grossformatige Aufnahmen malerischer Details lassen Lichtreflexe aufscheinen, Pinselspuren fügen sich zu Gesten. Ausgangspunkt ist dabei ein in Stills zersplitteter Film. Die Einzelbilder werden ausgedruckt, übermalt oder malerisch auf weisses Papier übertragen. Nach dem Bearbeitungsprozess werden sie wieder zu einer Sequenz zusammengeführt und durch Pausen verbunden, die wie verlängerte Lidschläge anmuten – Pausen in denen Nachbilder vor dem inneren Auge entstehen, die kein Innehalten erlauben.
Zusammen mit dem Ton lässt Maurer eine filmische Sequenz entstehen. Ganz ohne bewegte Bilder entwickelt sich eine Dynamik, die den Betrachter in Bann zieht, ihm grosse Konzentration abfordert. Seit langem arbeitet die in Genf lebende St. Gallerin an der Verbindung von Film, Fotografie, Malerei und Installation. Der Mix verschiedenster künstlerischer Techniken charakterisiert nicht nur ihre Videos, sondern auch die Arbeiten auf Papier. Auch hier bilden Filmstills die Basis, die übermalt werden und abfotografiert. Das Ergebnis dieses Prozesses wird entweder präsentiert oder neuerlich übermalt. So kommt es zu irritierenden Momenten wie Farbschlieren, die entgegen der Bildausrichtung verlaufen und sich bei näherem Hinsehen als gedrucktes Relikt eines vorhergehenden Werkzustandes entpuppen. Alexandra Mauer spielt bewusst mit den Materialien und ihrer Ästhetik. Die Hochglanzoberfläche des Plexiglases etwa steht einerseits im Kontrast zur lebendigen Oberfläche der Malerei und findet doch ihre Entsprechung in den Lichtreflexen des aufgetragenen Lacks. Doch nicht nur technisch und ästhetisch überzeugen Maurers Werke. Die spannungsvoll ins Format gesetzten Körperszenen irritieren ob der fliessenden Übergänge zwischen Anmut und Gewalt, sie sind mal voller Sinnlichkeit und erzählen dann wieder von grosser Brutalität.
Mit „Alexacrash“ hat Maurer einmal mehr eine Ausstellung von höchster Kraft und Eindringlichkeit realisiert.