Auf nach Arpenzell!

by Kristin Schmidt

«Mondquadrat» in Appenzell: Museum Liner und Ziegelhütte laden mit Werken aus der Sammlung Arp-Hagenbach zu einer Zeitreise in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Als Marguerite Hagenbach 1937 je ein Gemälde von Sophie Taeuber-Arp und László Moholy-Nagy erwirbt, ist der Grundstein zu einer der bedeutendsten Schweizer Sammlungen konkreter und konstruktiver Kunst gelegt. Über Jahrzehnte hinweg vergrössert sich der Bestand kontinuierlich und wird ergänzt um Schlüsselwerke des Dadaismus und Surrealismus. In den Sechziger- und Siebzigerjahren verschenkt die mittlerweile mit Hans Arp verheiratete Sammlerin zahlreiche Werke an Museen im In- und Ausland und richtet zwei Stiftungen ein; so werden ihre und Arps Sammlung mehr und mehr öffentlich zugänglich. Schliesslich überträgt sie 1988 den noch verbliebenen Teil an die von ihr gegründete Fondazione Marguerite Arp-Hagenbach in Locarno.

Die Stiftung Liner führt jetzt mit ihrer Ausstellung «Im Mondquadrat – Aspekte der Sammlung Arp-Hagenbach» für drei Monate wieder zusammen, was einmal zu-sammengehörte. Werke aus Teilsammlungen in Locarno und den Kunstmuseen Basel und Bern fügen sich zu einer Präsentation, die einige der wichtigsten Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts augenfällig macht. Grund dafür ist, neben der chronologischen Hängung, die Qualität der Arbeiten. Der Ausstellungsauftakt mit «Dada und den Folgen» zeigt gleich eine Stärke der Sammlung: Neben Objekten ersten Ranges, die von den Dadaisten freilich als Antikunstwerke konzipiert waren, runden wertvolle Dokumente wie die Dadazeitungen «Bulletin D» oder die «Schammade» das Bild der Bewegung ab. Eine andere Besonderheit sind die in nahezu allen Räumen präsenten Werke von Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp, die an die untrennbar mit dem Leben des Avantgardistenpaares verknüpfte Geschichte der Stifterin erinnern. Zugleich zeigt sich darin die Durchlässigkeit der damaligen «Kunstismen», wie Lissitzky und Arp in ihrem 1925 erschiene-nen, ebenfalls ausgestellten Bänd-chen titelten. Bereits zwischen Dada und Surrealismus waren die Grenzen fliessend, doch auch zwischen den Antikünstlern und den Konstruktivisten gab es mehr oder weniger sichtbare Fäden. So arbeiteten Hans und Sophie Taeuber-Arp mit dem De-Stijl-Künstler Theo van Doesburg an der Ausgestaltung des Tanzcafés Aubette in Strassburg.

Die dichte Hängung der Werke erlaubt kaum ein Atemholen, Höhepunkt folgt auf Höhepunkt, so die installierten Rotoreliefs Marcel Duchamps oder die wunderbaren Zeichnungen Francis Picabias, die sich trotz ihrer Sparsamkeit der Linie mühelos im Parcours ihren Platz erobern. Die Ausstellung endet nicht dort, wo der Zweite Weltkrieg seine schmerzhafte Zäsur setzte, sondern knüpft mit einem umfangreichen Ausblick in die Zeit danach an: in drei Räumen im Museum Liner und beiden Stockwerken der Ziegelhütte. Konkrete Kunst findet sich ebenso wie Op Art, Informel und Tachismus bis hin zum Abstrakten Expressionismus eines Willem De Koonings. Mit zwei Werken des Neodadaisten Jasper Johns schliesst sich der Kreis.