Precious Okoyomon
by Kristin Schmidt
Bregenz – «Woran halten Sie fest, das Sie loslassen müssen?» oder «Wofür sind Sie ein Gefäss?» oder «Was ist Ihr unentdeckter Schatten?» Fragen über Fragen – manche überraschend, einige sehr persönlich, andere oft gehört und trotzdem nicht leicht zu beantworten. Gestellt werden sie von Precious Okoyomon (*1993 in London) im Kunsthaus Bregenz. Dort steht für die Antworten eigens ‹the existential detective agency›, 2025 bereit: In einer zimmergrossen Kabine liegen Fragebögen und Stifte aus, in einer zweiten warten Performerinnen auf auskunftswillige Personen. Okoyomon stellt damit psychoanalytische Sitzungen nach und schöpft dabei aus eigenen Erfahrungen wöchentlicher Psychoanalyse. Dieses Arbeiten vor der eigenen Biografie zieht sich durch die gesamte Ausstellung. Sie ist getragen von persönlichen Statements, individuellen Bewältigungsstrategien und Kindheitserinnerungen. Kollektiv anschlussfähig sind die Installationen trotzdem. Beispielsweise ‹I wanted to kill but had nothing to kill›, 2025 im ersten Obergeschoss: Precious Okoyomon hat ausgediente Plüschtiere neu zusammengenäht, ihnen Vogelflügel angefügt und diese Chimären an einem Strick um den Hals aufgehängt: Tod dem Übergangsobjekt, dem omnipräsenten Tröster im Kinderzimmer. Die Plüschwesen sind allerdings kaum unterzukriegen. Auch stranguliert senden sie ihr Plastikgrinsen noch in die Welt. Dagegen wirkt der riesenhafte Teddybär ‹in the belly of the sun endless›, 2025 erledigt. Er streckt alle viere von sich. Auf einem rosafarbenen Teppich platziert, soll er dennoch und in der kühlen Atmosphäre des Zumthor-Baus zum Kuscheln einladen. Okoyomon inszeniert Widersprüche. Das gilt auch für die Arbeiten im obersten Stockwerk des Kunsthauses. Wie an der Biennale Venedig 2022 hat Okoyomon einen Garten eingerichtet als Sinnbild für Erneuerung und Metamorphose. Schwarze Schmetterlingsarten leben hier, Tausendschönchen, Orchideen und Hyazinthen. Die Natur präsentiert sich als Quell poetischer Erfahrungen und schlägt die Brücke zum lyrischen Ich von Okoyomon: In einem Gedichtband erkundete sie 2016 ihre Identität als Schwarze, queere Person mit nigerianisch-amerikanischen Wurzeln. Inzwischen ist ein neuer Lyrikband erschienen, und in einem eigens für die Ausstellung produzierten Video ruft Okoyomon aus einem Kleinflugzeug heraus eigene Gedichte in die Luft. Diese grosse Portion Leichtigkeit und Unbefangenheit durchzieht die gesamte Ausstellung.
‹Precious Okoyomon – One Either Loves Oneself Or Knows Oneself›, Kunsthaus Bregenz, bis 25.5.
kunsthaus-bregenz.at