Freie Sicht aufs Meer
by Kristin Schmidt
Wellen türmen sich zu Bergen, Strudel durchwirbeln das Wasser, Gischt spritzt auf, und über allem hängen schwere Wolken, zerfurcht von hellen Lichtblitzen. Gilgi Guggenheim malt das Meer – eine Auswahl ihrer Gemälde (im Bild «Storm») zeigt jetzt das Schloss Wartensee.
Die Szenen sind wirkungsvoll arrangiert und dramatisch übersteigert. Obgleich gegenständlich angelegt, vermeiden die Bilder jeglichen Naturalismus. Der Grund darin liegt nicht zuletzt in ihrer Entstehung. Die junge St. Galler Malerin, die ihre ersten acht Lebensjahre in Israel verbrachte und bereits mit fünf Jahren beschloss, Malerin zu werden, verzichtet bewusst auf konzentrierte Naturbeobachtung zugunsten computeranimierter Meeresdarstellungen, wie sie für Hollywood-Produktionen verwendet werden. Aus den Katastrophensequenzen tilgt sie Schiff und Besatzung und lässt das Surreale der künstlich geschaffenen Situationen damit umso stärker hervortreten. Allerdings rückt die Dominanz der auf Effekte getrimmten Vorlagen die Bilder zuweilen stark in die Nähe des Dekorativen. Diese Gefahr vermeidet Gilgi Guggenheim in ihrer Serie «Berg» eher. Statt des lasierenden Farbauftrags der Sturmserie charakterisiert sie die Bergwelt mit lockerem, expressivem Pinselstrich. Hier ist die Hingabe der Künstlerin an die Malerei als ein auch heute noch aktuelles und aussagekräftiges Medium zu spüren.