Tropfen, Klopfen, Wispern

by Kristin Schmidt

Tarek Atoui ist Komponist und Künstler. Er konstruiert Klanglandschaften für Auge und Ohr. Im Kunsthaus Bregenz sind seine von Wind und Wasser inspirierten Werke zu sehen und zu hören.

Klänge sind Bewegungen. Die Luft fliesst, zirkuliert, wird durch enge Röhren oder zwischen schwingende Scheiben gepresst. Töne entstehen. Sie sind zu hören, aber auch zu sehen und zu spüren. Tarek Atoui ist beides wichtig. Der Pariser Künstler mit libanesischen Wurzeln inszeniert Musik nicht nur als Hörerlebnis, sondern als Klanglandschaft. In seiner Ausstellung im Kunsthaus Bregenz sind Töne zu sehen, Instrumente zu fühlen und das Zusammenspiel aller Sinne zu erfahren. Atoui verwandelt die drei Obergeschosse des Kunsthauses in Resonanzräume zu verschiedenen Themen. Der erste Stock ist dem Wind gewidmet, er ist mit «Andauernder Atem» überschrieben. Gebläse erzeugen einen Luftstrom, er wird über Schläuche zu einem zentralen Holzkasten geführt: Darin verbirgt sich eine Luftblase, sie hebt und senkt sich unter kleinen Steinquadern. Von hier aus verteilt sich die Luft zu unterschiedlichen Instrumenten. Der Künstler hat sie alle selbst gebaut. Sie bestehen aus Metallröhren und -ventilen, Holzkästen und Latexmembranen, Hantelgewichten oder Trommelfellen. Alle Elemente sind zu sehen, alles kann nachgebaut werden.

Arbeiten im Kollektiv

Die Einfachheit der Mittel und des Aufbaus sind ein künstlerisches Prinzip von Atoui genauso wie die demokratische Entstehungsweise: Seine Arbeit entwickelt er gemeinsam mit anderen Künstlern, mit Instrumentenbauerinnen, Studenten und Designerinnen, mit Tontechnikerinnen und Pädagogen, mit gehörlosen und hörenden Freiwilligen. Viele Menschen wirken mit und viele Menschen sollen angesprochen werden. Die «Wind Houses» beispielsweise richten sich an Hörende und Gehörlose gleichermassen. Diese Boxen aus Glas und Holz sind begehbare Orgelpfeifen. Ihr Frequenzbereich liegt am unteren Ende des Hörbereichs, die Klangvibrationen sind mit dem Körper zu spüren, dringen durch die bereit gestellten Filzpantoffeln durch die Fusssohlen. Die Boxen können dank beweglicher Holzbretter instrumentengleich gespielt werden. Leider nicht durch die Besucherinnen und Besucher. Aufführungen gibt es nur im Rahmen von Führungen und Performances. Reiche Klangerlebnisse bietet die Ausstellung trotzdem, auch im zweiten Obergeschoss. Es ist dem Wasser gewidmet.

Klänge aus grossen Hafenstädten

Tarek Atoui hat Geräusche und Gegenstände in verschiedenen Hafenstädten der Welt gesammelt. So laden Steine aus Athen und Stahlträger aus Abu Dhabi zum Sitzen ein, Holztürme sind von Porto inspiriert und hängende Plattformen von Sydney. Orte und Klänge mischen sich im Raum. Die Töne sind nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen, wenn etwa Tropfen auf eine Wasseroberfläche treffen und dort kleine Ringe und Blasen entstehen lassen. Hydrophone nehmen die Klänge in den wassergefüllten Metall- und Keramikbecken auf und tragen sie in den Raum. Aufmerksames Zuhören wird belohnt, mit jedem Schritt verändert sich das Klanggefüge.
Das dritte Obergeschoss der Ausstellung ist dem Regen gewidmet, er kam allerdings erst mit Hindernissen in der Ausstellung an: Die Elemente der Installation waren unterwegs im Zoll stecken geblieben, so tönten zur Ausstellungseröffnung stellvertretend die «Horns of Putin»: Schwarze Kunststoffröhren füllten den Raum mit langanhaltenden Tönen. Welch ein Kontrast zu den koreanisch inspirierten Klängen von «The Rain». Rhythmisch, flüchtig, leicht fügen sie sich mit dem Wind und dem Wasser der anderen beiden Stockwerke zu einem grossen Klangbild im Kunsthaus Bregenz.

bis 12.1.
www.kunsthaus-bregenz.at