Angela Anzi

by Kristin Schmidt

Winterthur — Medusa lacht. Ein breites, schiefes Grinsen zieht sich über ihr fratzenhaftes Gesicht. Sie kennt die alte Geschichte, aber kann sie die Muster umschreiben, die den Frauen in einer patriarchalen Welt angedichtet werden? Mit den Fingern hat Angela Anzi Medusas Antlitz in eine flache Tonscheibe gezeichnet. Es ist kaum mehr als eine Andeutung aus schwungvoll gezogenen Furchen im weichen und schliesslich glasierten und gebrannten Material. Es führt weiblich gelesenes Begehren ebenso ad absurdum wie den männlichen Blick darauf. Die Keramik hängt als erstes Werk in der Ausstellung der Künstlerin im Kunstraum oxyd. Und es stimmt ein auf die Welt der mystischen Wesen, denen die in Basel lebende Künstlerin ihre künstlerischen Recherchen widmet. Sie lässt Sirenen singen, Nereiden locken und Hexen flüstern. Den jahrhundertelang von Künstlern idealisierten oder dämonisierten Gestalten antwortet sie mit Fratzen und Fragmenten: Ein Fischschwanz muss reichen, oder ein paar Vogelkrallen. Sprachfetzen dringen ans Ohr. Aus glänzenden Brüsten ergiesst sich Wasser schwallweise und anspielungsreich. Es glänzt und plätschert. Zwischen den Keramiken liegen Kabel, stehen Verstärker. Alles ist gleichberechtigt, die Technik, die Objekte, der Sound – aber auch die neuen Inhalte. Überholte Stereotypien werden nicht weitergeschrieben, stattdessen werden neue Bezugssysteme möglich.

‹Chanted Water›, oxyd – Kunsträume, Winterthur, bis 28.7.
oxydart.ch