Michael E. Smith

by Kristin Schmidt

Winterthur — Leuchtstoffröhren, quadratische Metallplatten, Holzkuben — reduzierte Materialien, Industrieprodukte, präzise platziert: Das war Minimal Art in Reinform. Fehlende Leuchtstoffröhren, ovale, geflochtene Teppiche, eine verstaubte Vitrine – Alltagssituationen, gebrauchtes, altes Zeug, präzise platziert: Das ist Michael E. Smiths Antwort. Statt geometrischer Perfektion gehen die Dinge aus dem Leim. Sie quellen auf, wackeln vor sich hin, sind dreckig. Beispielsweise der Schuhkarton: Einst ein Quader in Blau, geziert mit den bekannten, akkuraten drei Streifen; jetzt ein schiefer Körper. Aus dem Inneren wuchert Baumschaum hervor. Die Flächen wölben sich, die Geometrie löst sich auf. Darüber sechs Leuchtstoffröhren, eigentlich. Michael E. Smith hat fünf der sechs Beleuchtungselemente im Ausstellungsraum entfernt – eins muss reichen, Symmetrie war gestern.
Smith hat den Erweiterungsbau des Kunst Museum Winterthur mit wenigen Werken bestückt, diese aber reichen aus für einen Perspektivwechsel. Ausgangspunkt sind die aufmerksamen Beobachtungen des US-amerikanischen Künstlers. Was so beiläufig daher kommt, wie die Schuhschachtel oder ein mit Kunstrasen halb bedecktes Fenster, ist das Ergebnis langer und minutiöser Suche und Vorbereitung und fügt sich in eine ausgetüftelte Licht- und Soundregie. Wenn zwei Plastiktonnen tönen, wird dieses Geräusch an einem entfernten Punkt der Ausstellung wieder aufgenommen. In den Tonnen steckt je eine Zierleiste. Die Tonnen werden mit Elektromotoren zum Vibrieren gebracht, die Zierleisten wackeln. Ihre Goldoptik, die künstlich erzeugte Patina, das Material – nichts ist mehr zu erkennen, nichts davon ist mehr wichtig, die Komik regiert. Genauso wie bei den Tennisbällen, die sich in Stahltonnen drehen, ebenfalls angetrieben von Elektromotoren. Auch sie erzeugen ein Geräusch, das über den Saal hinaus tönt.
Michael E. Smith analysiert die Räume, die Gegenstände und konstruiert Beziehungen zwischen beiden, sogar über die Ausstellung hinaus. So hat er in die benachbarten Malerei-Schau «Von Gerhard Richter bis Mary Heilmann» eigene Werke eingeschleust. Und auf dem Weg durch die Dauerausstellungen zum Erweiterungsbau lohnt sich bereits ein aufmerksamer Blick für Smithsche Interventionen, noch mehr aber auf dem Rückweg, wenn die Sinne geschärft sind für seine akkurat gesetzten Bedeutungsverschiebungen.