Die Haut des Eisbären ist schwarz.
by Kristin Schmidt
Zu den aktuellen Bildern von Arnaldo Ricciardi
Schwarz saugt das Licht auf, schwarz besitzt Tiefe, schwarz ist ein Fenster in die Unendlichkeit. Aber das Schwarz ist nie alleine. Auf winzigen Unebenheiten erscheinen Glanzpunkte, das Bindemittel reflektiert das Licht, matte Stellen schlucken es. Diese kleinen Ereignisse feiern in der Malerei von Arnaldo Ricciardi zahlreiche Höhepunkte: Immer wieder verklumpt die Farbe oder fasert andernorts trocken aus. Tiefere Farbschichten scheinen durch und darüber liegende verdichten sich zu einem satten, undurchlässigen Ton. Die Malerei ist lebendig, die Farben interagieren. So lässt Weiss das Schwarz noch schwärzer erscheinen. Dagegen hellt Schwarz selbst das gleissendste Weiss noch auf. Rot bringt eine Fläche zum Lodern und durch farbliche Abstufungen zum Pulsieren. Blau wiederum öffnet Fenster in einen neuen Raum.
Arnaldo Ricciardi inszeniert Kontraste. Der Künstler weiss um die Kraft der Farben in ihrer reinsten, unvermischten Form sowie um die Wechselwirkung der Töne und Helligkeiten. Kontraste entstehen aber auch, wenn reine Farben auf stark vermischte, gebrochene Farben treffen. Dieser Qualitäts- oder Intensitätskontrast, wie er von Johannes Itten in seiner Systematik der Sieben Farbkontraste genannt wird, besteht im Werk Arnaldo Ricciardis einerseits innerhalb einzelner Bilder und andererseits über den gesamten Werkzyklus hinweg: Für seine aktuellen Gemälde mischt Arnaldo Ricciardi Farben immer wieder so stark, dass sie sich einer einfachen Benennung entziehen: Grautöne kommen sowohl innerhalb eines reinen Schwarzweissspektrums vor als auch mit Anteilen aller drei Primärfarben. Sie werden in Farbschichten übereinander gelegt und eingebunden in andere Mischtöne. Im Reigen dieser ausgewogenen Kompositionen setzt Ricciardi starke Akzente, indem einzelne Arbeiten von so klaren Primärfarben dominiert werden, dass sie in den gesamten Zyklus ausstrahlen. So gelingt es dem Künstler, eine Spannung über alle Werke hinweg auszubauen und zu halten.
Katalogtext, 2018