Appenzell: Gerold Tagwerker
by Kristin Schmidt
Gerold Tagwerker im Kunstmuseum Appenzell: _grids.zeroXV
Ordnung ist das halbe Leben – und die ganze architektonische Moderne. Sie ist sachlich, klar, reduziert; rechte Winkel, Vertikale und Horizontale dominieren das Erscheinungsbild. So einfach diese geometrischen Prinzipien sind, so anfällig sind sie für Abweichungen. Dort setzt Gerold Tagwerker an. Der österreichische Plastiker geht vom Raster aus, sowohl formal als auch mit seinen Materialien: Er verwendet Armierungsgitter, Drahtglas oder Lamellenblenden und konstruiert Arbeiten gemäss der modernistischen Logik, um diese gleich darauf zu unterwandern. Das Regelmass kippt in die Diagonale, ins X, Leuchten entfalten ein Eigenleben, Spiegel reflektieren gerasterte Porträts oder hinterlassen im Zersplittern dynamische Bilder. Der Notausgang schliesslich führt ins Nichts und hat sein Pendant in einer Stahltüre, deren Konstruktion eine Holztüre imitiert. Tagwerkers Arbeiten offenbaren das Formendiktat von Materialien wie auch deren Potential, vorhandenes Vokabular beliebig zu variieren und zu multiplizieren.
Knapp 20 Werke umfasst die erste monografische Ausstellung des gebürtigen Vorarlbergers in der Schweiz. Reduktion also auch hier, aber genau im rechten Mass. Der Rundgang ermöglicht Überblick und Konzentration und nimmt sinnfälligen Kontakt auf zum Museumsbau von Annette Gigon und Mike Guyer.