Drei Dächer im Kasten
by Kristin Schmidt
Roman Signer liess vergangenen Dienstag drei Regenschirme im Schaukasten Herisau aufschnappen. Seine Arbeit ist die letzte Kunstpräsentation an diesem kleinen Ort.
Die Schirme waren vor lauter Schirmen kaum zu sehen. 18.28 ging der Platzregen nieder und pünktlich zwei Minuten später schnappten im Schaukasten Herisau drei schwarze Regenschirme auf – ein Ereignis von einer Zehntelsekunde und doch von bleibender Wirkung. Zweieinhalb Monate lang werden sie im Schaukasten an der Hauptpost Herisau zu sehen sein und werden sich nachhaltig im Gedächtnis verankern. Einerseits weil die drei klassischen Regelschirme ein starkes Bild sind: Schwarz und sperrig besetzen sie den Kasten. Sie waren Alltagsobjekt und sind nun in halboffenem Zustand eingefrorene Form. Sie sind Zeugnis eines elektrischen Zündungsprozesses und das Werk eines der ganz Grossen im Kunstbetrieb.
Mit Roman Signers «Versuch, drei Regenschirme im Schaukasten gleichzeitig zu öffnen» endet nun die Ausstellungsreihe im Schaukasten. Und auch deshalb werden die Regenschirme besonders in Erinnerung bleiben: Regelmässig war im Schaukasten in vergangenen acht Jahren gute Kunst zu sehen, angefangen mit HR Fricker, einem der anderen gestandenen Künstler der Region. Aber auch Peter Liechti und Hans Schweizer waren dabei oder die jüngere Generation mit Karin Bühler, Katalin Deér oder Loredana Sperini zum Beispiel. Nun also Roman Signer zum Schluss. Da wurde freilich gewitzelt, ob er nun die ganze Hauptpost in die Luft jage oder wenigstens den Kasten. Aber der Künstler zeigte einmal mehr, dass er vor allen Dingen Bildhauer ist. Seine Skulpturen sind vergänglich, sie sind das Ergebnis energetischer Prozesse, zugleich münden sie oft in ein ästhetisches Erlebnis, eine Form, seine es die Feuerbahnen von Raketen, ein Hemd im Wind, rote Kajaks über einem Kanal oder eben ein Regenschirmtriptychon.
Immer wieder hat Signer in der Vergangenheit mit Schirmen gearbeitet, hat sie fliegen lassen, hat sie befüllt mit Wasser oder Backsteinen, hat sie in die Erde gesteckt oder ausgebreitet wie ein Dach. Genau so wird er ja auch genannt, der Regenschirm in Appenzell, so Signer am Dienstagabend in seiner kurzen Rede. Danach wurde wie gewohnt Risotto und Wein im alten Zeughaus serviert, diesmal eine extra grosse Menge, denn viele waren gekommen zu Roman Signers Versuch und zur letzten Schaukastenausstellung. Der Beifall fürs Schaukastenteam war denn auch kräftig und lang anhaltend, eigentlich hätte er für eine Zugabe gereicht. Aber wer weiss, vielleicht nimmt ein neues Team den Stab an anderer Stelle wieder auf. Wäre schön. Und wer mehr von Roman Signer sehen möchte, hat dazu ganz bald und ganz real Gelegenheit: Kommende Woche eröffnet die grosse Roman Signer-Schau im Kunstmuseum St.Gallen.
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