Mit Schirm, Charme, ohne Melone
by Kristin Schmidt
Das Ende naht. Kommenden Dienstag eröffnet die letzte Ausstellung im Schaukasten Herisau, gestaltet wird sie von Roman Signer.
Der Versuch ist mit dem Wunsch verwandt und mit dem Experiment. Mit letzterem teilt er sich die Praxis, die präparierte Ausgangssituation und die Durchführung unter Beobachtung. Zugleich geht jeder Versuch mit dem Wunsch einher, dass er gelingen möge. Gewissheit gibt es freilich vor Ablauf der ausgelösten Prozesse nicht. Versuche können schief gehen, oder es gibt keine verwertbaren Ergebnisse. Umso wichtiger ist es, nicht nur auf das Ergebnis zu schauen oder wie es Roman Signer formuliert: «Es ist wichtig, dass du nicht nur stur aufs Resultat schaust. Ein Wissenschaftler macht resultatbezogene Experimente. Ein Künstler muss auch das Umfeld und Nebensächliches anschauen. Dann kommt er auf weitergehende Ideen».
Vielleicht war es so, als Roman Signer vor drei Jahren im Urnäscher Tobel mit Regenschirmen arbeitete. Er liess sie an einem Metallseil hinabgleiten, mal mit Backsteinen gefüllt, mal mit Wasser. Einer wurde zusammengeklappt in den Waldboden gesteckt, ein anderer breitet sich über das Laub. Dokumentiert sind die Versuche in Roman Signers jüngstem Buch, den «Reden und Gesprächen». Dort erscheint der Regenschirm als Ding, das seine Funktion und Form verändern kann – beschirmend, schwebend oder als Behältnis, mal schmal und langgestreckt, mal breit gespannt.
Passt nun so ein Ding in den Schaukasten Herisau? Eines? Drei! Aufgespannt? Vielleicht. Roman Signer probiert es am kommenden Dienstag. Dann bespielt der Künstler den Glaskasten an der Hauptpost in Herisau. Angekündigt ist «Ein Versuch drei Regenschirme im Schaukasten gleichzeitig zu öffnen». Drei unscheinbare klassische Schirme, schwarz mit gekrümmtem Griff; alltägliche Objekte, wie so oft bei Roman Signer. Einerseits ist es die einfache Technik, die den Künstler interessiert, andererseits sind es Dinge, die selbst wenig Aufmerksamkeit auf sich lenken, die jedem bekannt sind. Daher fallen sie im Kunstzusammenhang wohl auch besonders auf, wird hier doch zumeist das Ungewohnte, das Nicht-Alltägliche erwartet. Bei Roman Signer folgt das Aussergewöhnliche in seinen Ereignissen, den Versuchen. So wie im Schaukasten.
Ein elektrisch ausgelöster Mechanismus wird die Regenschirme zur Entfaltung bringen. Oder auch nicht. So oder so wird es denkwürdiger Anlass werden. Denn es wird die letzte Kunstschau im kleinen Kasten sein, die 32. Und mit ihr schliesst sich eine besondere Klammer, denn die erste Ausstellung im August 2006 gestaltete H.R. Fricker: Wie Roman Signer ein gestandener Künstler nicht nur in der hiesigen Szene, sondern weit darüber hinaus. Dazwischen folgten viele andere, meist jüngere Künstlerinnen und Künstler. Die Auswahl zeigt eindrücklich, dass es weit mehr ist als ein Schaukasten, wo jetzt die letzte Vernissage gefeiert werden wird, es ist die Kunsthalle Appenzell Ausserrhodens.