Pulp lebt
by Kristin Schmidt
M.S. Bastian und Isabelle L. aus Biel stellen in der Macelleria d´Arte paradiesische Weltentwürfe aus. In ihren Werken mischen sie Zitate verschiedenster Herkunft.
Längst sind die Grenzen niedergerissen zwischen Trivial- und Hochkultur, zwischen Alltag und Kunst, zwischen Kunst und Leben. Die Dadaisten haben damit angefangen, Neodadaisten und Pop Art Künstler haben es nachgemacht, inzwischen ist es selbstverständlich, zwischen Gattungen und Kunstformen zu wechseln und auch all jenes zu integrieren, was zuvor nicht kunstwürdig schien. Und doch gibt es Bereiche, die hartnäckig voneinander getrennt werden. Kunst und Comic zum Beispiel. Oder Kunst und Illustration – frei das eine und angewandt das andere. Nur wenige bewegen sich in beiden Welten und bringen sie obendrein zusammen.
M.S. Bastian und Isabelle L. zeigen, dass beides gemeinsam funktionieren kann. Seit 10 Jahren arbeiten die beiden an der Synthese von Kunst, Illustration, Comic und Grafik. In der Macelleria d´Arte sind nun ihre Pulp-Welten zu sehen. Pulp ist dabei weder das Fruchtfleisch, noch die Schundliteratur, auf die sich etwa Quentin Tarantinos Spielfilm bezieht, sondern eine ureigene, harmlos-freundliche Figur mit grossen Augen. Weiss ist sie wie ein Gespenst, wie ein unbeschriebenes Blatt und somit gibt sie eine hervorragende Projektionsfläche für die überbordende Phantasie des Kunstduos ab. Sie schicken das kleine Wesen in den Dschungel, auf hohe See oder in die tiefe Nacht. Es übersteht jedes Abenteuer unbeschadet, nur manchmal geht es in der Dichte eines Wimmelbildes fast verloren. Dort treffen sich dann doch noch die eigentlichen Bedeutungen des Wortes „Pulp“, denn in den Gemälden vermengen die beiden Kunstschaffenden aus Biel so vieles so dicht miteinander: unbändige und zahme Tiere, Wesen, die an bekannte Superhelden erinnern, und solche, die sich nie und nimmer einordnen lassen wollen, grafisch reduzierte Landschaften, ornamentalen Wildwuchs und exotische Szenerien. Letztere stehen für gewöhnlich unter Kitschverdacht, aber M.S. Bastian und Isabelle L. umschiffen die Klippen souverän. Sie verwenden Wellpappe statt Hochglanzpapier, zeigen echte Malerei statt perfekte Oberflächen und unterwandern Palmenträume und Sonnenuntergänge mit ihren seltsamen, stark konturierten Wesen.
Überhaupt die Sonnenuntergänge: Die Welt der beiden Kunstschaffenden ist durchdrungen von Zitaten. Figuren aus der Trivialkultur gehören ebenso dazu wie Übernahmen aus der Kunstgeschichte. Die orangeroten Sonnen über den Dschungelausschnitten erinnern also nicht zufällig an die Sonnen in Henri Rousseaus Gemälden exotischer Gegenden. Hingegen sind die linear reduzierten, fast völlig in schwarz-weiss gehaltenen Bilder von den Werken des Japaners Hokusai inspiriert. Das dieser wiederum auch den Begriff des „Manga“ populär machte, ist ein weiteres Puzzleteil im künstlerischen Kosmos von M.S. Bastian und Isabelle L. Alles hat mit allem zu tun, Grenzen sind aufgehoben, alles mischt sich. Und so passen die Arbeiten bestens in die Macelleria d´Arte, schliesslich ist die Galerie alles andere als ein White Cube. Mit „Pulp Welten“ wird die Fülle noch um einige, bunte Facetten reicher.