Dialoge unter Bildern
by Kristin Schmidt
Stephan Condamin zeigt aktuelle Arbeiten in der Galerie Oertli. Freie Malerei ist ihm ebenso wichtig wie das Zwiegespräch von gegenständlich und abstrakt.
Links ein afrikanischer Kultgegenstand, rechts ungegenständliche Malerei. Links ein Landschaftsdetail in Grau auf Weiss, rechts buntfarbige Abstraktion. Links monochrom flächige Blumen, links Auflösung, Andeutung, Wiederholung. Stephan Condamins Bilder feiern die Dialektik. Sie bestehen zumeist aus zwei eigenständigen, aber gemeinsam gerahmten Leinwandteilen – einem schmaleren und einem fast doppelt so breiten. Dabei wirkt der kleinere Teil wie ein Impulsgeber für den grösseren, obgleich Condamin betont, dass nicht definiert ist, wo das Bild beginnt, in welcher Reihenfolge es fortgeschrieben und vollendet wird.
Aber der schmale Leinwandteil ist meist jener mit einer gegenständlichen Darstellung, und diese ist auch hundert Jahre nach dem ersten abstrakten Bild der Kunstgeschichte visuell eingängiger. Zumindest in Condamins Gegenüberstellungen. Der 1952 geborene St.Galler zitiert einerseits Bilder aus seinem grossen kunsthistorischen Fundus. Es sind keine vollständigen, wörtlichen Übernahmen, sondern Anleihen in Stil, Duktus und Form. Mal imitiert er eine altmeisterliche Zeichnung, mal eine Renaissancegrafik oder eine frühe Landschaftsdarstellung. Andererseits begeistert er sich für freie Malerei.
Condamin lässt die Farbe rinnen und verkrusten, schabt sie wieder ab und spachtelt neu darüber. Er verdichtet und krakelt, kleckst und streicht. Unterstützt von den gegenständlichen Darstellungen schafft er Assoziationsräume.
Beide Bildteile kontrastieren miteinander oder ironisieren sich, ergänzen sich oder stellen einander infrage: Wirkt die Linie nur deshalb kraftvoll, weil nebenan eine weibliche Heldin einen Stecken schwingt? Wird ein Blau zum Himmelblau wenn Landschaft ins Spiel kommt? Wie viel Stadt ist nötig, bis eine Dreiecksform zum Dach wird, ein Spitzbogen zum Fenster? Wo hört Unmittelbarkeit auf und fängt der Primitivismus an? Condamins Gemälde geben keine Antworten, sondern inszenieren eigenständige Dialoge.
Das Gleiche gilt für die ebenfalls in der Galerie Oertli ausgestellten Monotypien. Sie kommen weniger laut und überschwänglich daher, sind poetischer, subtiler, obwohl auch ihnen Malerei zugrunde liegt. Im indirektes Verfahren des Umdruckens gehen in den Monotypien die Konturen verloren, Flächen fasern aus, Farben erscheinen zart und ausgebleicht. Condamin regt auch mit diesen kleinen Werken das Sehen an, sie sind mehr als der Lückenfüller in der Ausstellung.