Teilchenschauer in Farbe
by Kristin Schmidt
Larry Peters stellt zum ersten Mal in der Galerie Oertli aus. Zu sehen sind Gemälde, Collagen und Objekte in kunterbunten Farben.
„Ich versuche, alltägliche Gegenstände in Bewegung zu bringen.“ Larry Peters (*1940) schreibt diesen Satz bezogen auf kleine kinetische Objekte, ausgestellt in der Galerie Oertli. Der Künstler verwandelt Deckel, ein Giesskannenmundstück und Spritztüllen in Kreisel, Spindeln oder Fahrzeuge. Ein kleiner Stups und schon drehen sie sich, torkeln auf grauem Rund daher, ein jedes in eigener Gangart – alltägliche Gegenstände in ungeahnter Dynamik.
Aber auch dort, wo die Alltagsobjekte fixiert sind, bringt Peters sie in Bewegung. Er versammelt kleine Fundstücke auf monochrom grauen oder weissen Bildflächen. Ohne erkennbare Hierarchie sind sie nebeneinander gesetzt: Schraubverschlüsse, Medikamentverpackungen, Nippel, Stäbchen, Röhren. Wie ein kosmischer Teilchenschauer überziehen sie das Bild. Kleinteilig und kunterbunt.
Angesichts des Ausgangsmaterials mag so mancher an die Kubisten und Dadaisten denken, hatten sie doch bereits vor knapp einem Jahrhundert den ästhetischen Reiz des Alltagspartikels entdeckt. Während jene aber die unscheinbaren Fundstücke in gegliederte Bildkompositionen einbauten, ordnet Larry Peters sie gleich einer All-Over-Struktur an. So entstehen fröhliche Krimskramsporträts. Am besten wirken sie, wenn sie vollständig un gleichförmig die Fläche überziehen und nicht in eine übergeordnete Form gezwängt werden, also etwa in eine kreisrunde Scheibe, die wiederum von einem Kreis aus Objekten umschlossen wird.
Bei zweien der ausgestellten Werke lässt Peters die Bildfläche weiss und ordnet die bunten Dinge am Rand an. Der St.Galler geht damit der Frage nach, wann ein Bild ein Bild ist und welche Zutaten ein Kunstwerk zu einem solchen machen. Solche Reflexionen über die künstlerische Arbeit sind die spannenden Momente der Schau. Larry Peters entwickelt sie aus der Innensicht des seit vielen Jahren tätigen Künstlers.
Der gebürtige Londoner lebt seit fast 45 Jahren in der Schweiz und lehrte fast 30 Jahre an der Schule für Gestaltung in St. Gallen. Der Malerei ist er während der ganzen Zeit treu geblieben. Er hat sie weiterentwickelt, mit Objekten durchsetzt, ihr anschliessend den Raum zurückgegeben, indem er mitunter alle Objekte monochrom übermalt. Immer wieder überlässt er der Malerei vollständig die Leinwand – dann nämlich wenn statt der Gegenstände gemalte Chiffren die Fläche überziehen. Linien führen durch das Gewirr oder in die Irre, sind Weg oder Labyrinth. Ein jedes Werk hat seinen eigenen Rhythmus, Bildzeichen wiederholen sich, werden variiert und abgewandelt. Peters spielt mit den Motiven und nicht nur das.
Als aufmerksamer Beobachter des Kunstbetriebs nimmt er auch diesen spielerisch aufs Korn. In poetischen Wortbildern erkundet er die Essenz des künstlerischen Tuns und in kleinen Schaukästen lässt er Geschäftsleute oder Kunstliebhaber auf Malerei oder Miniaturskulpturen treffen. Die einen behaupten sich gegenüber der Kunst, die anderen ergeben sich ihr bis zur Auflösung. Und die Künstler selbst? Bei Peters sind sie es, die Farbe ins Grau und Licht ins Dunkel bringen.