Amtskarussell im Kulturraum
by Kristin Schmidt
Die Situation dürfte in allen öffentlichen Sammlungen ähnlich sein: Einige Werke passen nicht länger ins Gesamtbild, sind ungeliebt, beschränken den Platz für Neuanschaffungen. Was tun? Anita Zimmermann (*1956) hat einen offenen Blick für aussortierte Dinge. So besteht ihr Brunnen vor dem neuen Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen aus Abgüssen alter Vasen und Schalen aus Brockenhäusern. Solche Funde verarbeitet sie auch zu kristallenen Leuchtkörpern. In der Ausstellung „Amtskarussell“ tauchen sie den Kulturraum des Kantons St. Gallen in vielfach gebrochenes Licht. Sie illuminieren einen besonderen Teil der kantonalen Kunstsammlung: Alle Bilder, die hier auf Putzschwämmchen ausgelegt sind, verstaubten seit Jahrzehnten im Depot. Zimmermann hat sie gereinigt, geordnet, gruppiert, ins Licht geholt – auf dass ihnen der Perspektivwechsel ein neues Existenzrecht verleihe; Hund neben General, Matterhorn neben Flusslandschaft, Kürbisse neben Blumenstrauss und alle in der Horizontalen. In der Rolle der Karussellfrau preist die Künstlerin die (Kunst-)Attraktionen an. Wer Platz im rotierenden Bürosessel nimmt, wird zu Jahrmarktsmusik umkreist von einer lila Schönheit, vervielfacht auf grossen Formaten. Die Aufmachung jener Dame gleicht den ausgemusterten Bildern: Nicht mehr ganz frisch und doch überaus vital.