Minimal und Nachhaltig: Bojan Šarčević
by Kristin Schmidt
Sie begegnen sich zum ersten Mal: She, 1,7 Tonnen schwer, und He, 5,4 Tonnen schwer. Ihre Oberfläche ist poliert und geometrische Einschnitte kontrastieren mit den unzähligen Äderchen und Schichten. Bojan Šarčević liess die zwei Blöcke aus Onyxmarmor in Steinbrüchen an der Seidenstrasse schneiden und ins Kunstmuseum Liechtenstein bringen. Im sparsam bestückten Ausstellungssaal strahlen sie nun Ruhe, Kraft und Schönheit aus. Ein einziges weiteres Objekt, ein Zweiglein mit hineingewobenen Haaren, schiebt sich fast unmerklich, aber dennoch wirkungsvoll in dieses Zwiegespräch.
Bojan Šarčević arbeitet mit sparsamen, aber sehr präzise gesetzten Gesten. Sie entfalten grosse Präsenz, wenn sie auch zunächst einmal rätselhaft bleiben. So auch jene an Regalsysteme erinnernde Konstruktionen aus Metallstangen mit Kupfertablaren oder die Filme in Pavillons aus Plexiglas. In einem sind farbige geknüllte Papiere, Pappkartons und ein Haarbüschel zu sehen, statisch zwar, doch durch die Kamerafahrt und die orientalische Musik zu einem Reigen erweckt. Ein anderer Film zeigt biomoprh geformte Tonobjekte mit Filzhaarbewuchs, begleitet von Panflötenklängen. Ein dritter erweist deutlicher noch als die anderen beiden Filme der Skulptur des 20. Jahrhunderts seine Referenz mit einer konstruktivistischen, an Sticken aufgehängten Holzskulptur. Weitere Werke Šarčevićs sind in eine vom Künstler kuratierte Sammlungspräsentation integriert. Dazu gehört ein Blatt mit zehn Fragen zur heutigen gesellschaftlichen Situation, darunter „Trifft es zu, dass die Gesellschaft heute keine Gesellschaft mehr sein will, sondern sich mit sich selbst zurechtkommen begnügt?“ Šarčević stösst unaufgeregt, aber nachhaltig das Denken an.