Malerei trifft Landschaft
by Kristin Schmidt
Die erste Ausstellung von Karin Schwarzbek in der Galerie Paul Hafner im Lagerhaus lockt unter dem Titel «Fuchsgarten» mit kraftvollen Bildern in einer rätselhaften Sprache.
Zuallererst fallen die Farben auf. Sie sind kräftig, oft dunkel und selten unvermischt. Nur ab und zu strahlt ein klares Ultramarin von der Leinwand. Ansonsten verwendet Karin Schwarzbek ein überaus breites Spektrum unterschiedlichster Abtönungen. Von zartem Rosa über leuchtendes Türkis, Rostrot oder Moosgrün bis hin zu lichtem Hellblau reicht ihre Palette und erinnert mitunter an die Farben derzeitigen Lifestyle-Designs.
Doch bei all dieser Vielfalt wirken die Bilder nicht einfach nur bunt. Stattdessen stellt sich ein sonorer Klang ein, eine harmonische Gesamtstimmung. Das liegt zum einen an der Auswahl der Farben und ihren Nachbarschaften wie an den wirkungsvoll eingesetzten Kontrasten, und zum anderen daran, dass die Farbflächen nicht in sich geschlossen sind.
Die 1969 in Egnach geborene und in Zürich lebende Künstlerin malt in expressivem Duktus. Breite, sich kreuzende, plötzlich abbrechende oder die Richtung wechselnde Pinselstriche dominieren die Fläche. Sie verwischen einander, wandeln ihre Farbigkeit und geben sie in anderen Linien weiter. Zu diesem lebendigen Farbauftrag ist Karin Schwarzbek erst in ihren jüngsten Bildern gekommen wie die aktuelle Ausstellung in der Galerie Paul Hafner zeigt. Sie umfasst Bilder aus den vergangenen vier Jahren und damit eigentlich nur einen kleinen Teil des Œuvres. Dennoch lässt sich eine interessante Entwicklung erkennen. Während das früheste Gemälde noch von weitgehend homogenen Flächen beherrscht wird, ist der Einsatz der Farbe inzwischen wilder, kraftvoller, ja beinahe schon explosiv. Ausserdem ist eine weitere grundsätzliche Veränderung zu verzeichnen: «Frühlingserwachen I» aus dem Jahre 2001 ist von Figuren bevölkert, dagegen tauchen später – abgesehen von einem leblos wirkenden Körper – keine Personen mehr in den Gemälden auf.
Der Schwerpunkt ist jetzt die Landschaft, und auch diese löst sich mehr und mehr auf bis an die Grenzen der Erkennbarkeit. Werken mit deutlich erkennbarer Vegetation stehen solche gegenüber, deren Sujet nur deswegen noch als Landschaft identifizierbar erscheint, weil sie im Kontext der anderen Werke zu sehen sind.Zugleich stellt sich die Frage, wie viele oder welche Details nötig sind, damit Landschaft als Landschaft identifiziert werden kann. Zwar suggeriert das schwache Blau am oberen Bildrand Himmel und die ineinander ragenden Striche Äste, doch einerseits fehlen teilweise solche Versatzstücke von Natur, und andererseits sind die Werke durchsetzt von Zeichen und Motiven, die durch keinen Code entschlüsselbar scheinen. Farbige Kreise sinken über das Bild, eine mit Kreuzen besetzte Linie durchzieht es wie die Markierung einer Landkarte, Buchstabenformen scheinen über einen Waldboden gestreut. Irritierend stehen drei Verkehrskegel vor einer Bank. Unvermittelt ist eine rosa Linie gesetzt oder fächern sich graue Striche strahlenförmig auf.
Schwarzbek verrätselt ihre Werke, bereits gemachte Andeutungen werden wieder zerstört und Motive gesetzt, die keine sind. Zusätzlich ist das Zentrum der Werke kaum das Zentrum des Geschehens, wenn es überhaupt eines gibt. Der Bildaufbau zwingt den Betrachter, seine Blicke wandern zu lassen. Statt Halt gebender Fixpunkte entfaltet sich ein Sog tief ins Bild, der wiederum unterstützt wird von Farben und Duktus.Karin Schwarzbeks Gemälde sind mehr als mysteriöse Suchbilder. Da die Künstlerin fast gänzlich auf konkrete Motive verzichtet und selbst die wenigen Andeutungen noch beinahe im expressiven Strich ertrinken, verleiht sie ihren Werken grosse Offenheit. Hier bieten sich Projektionsflächen ohne Grenzen.