Sinnliche Bilder
by Kristin Schmidt
Karin Schwarzbek knüpft mit «Fuchsgarten 2» an ihre erste Einzelausstellung vor zwei Jahren an. Ihre jüngsten Werke in der Galerie Paul Hafner sind lebhaft, gestisch und in sonoren Farbklängen gemalt.
Menschen ruhen in einer kleinen Gruppe auf der Wiese. Gleissendes Licht überstrahlt die Szene. Die Konturen lösen sich auf. Die flirrende Hitze ist sicht- und beinahe spürbar. Ein anderes Bild, eine andere Gegend: Wieder ist eine Person hingelagert zur Rast, doch in einem dichten Wald. Lichtflecken tanzen auf dem Boden, oder sind es kleine, helle Blüten?
Karin Schwarzbek inszeniert in ihren Gemälden starke Hell-dunkel-Kontraste. Dennoch dominieren stets die Farben. Souverän bedient sie sich einer breiten Palette von Tönen, die mal pastellig zart, mal in unzähligen Abstufungen von Braun angelegt sind. Das Spektrum reicht dabei auf der einen Seite bis zu einem fast ein Bildviertel einnehmenden, reinen Weiss, welches der Betrachter aufgrund seiner Seherfahrung als blendendes Sonnenlicht übersetzt. Auf der anderen Seite ist das Waldbild fast ganz in dunklen Tönen gemalt, nur kleine Flecken heller Farbe lösen sich von dem homogenen Grundton.
Karin Schwarzbek setzt die Farbigkeit und die Helligkeits- und Dunkelwerte im Rahmen grosszügiger Bildstrukturen. Es geht nicht darum, ein bestimmtes Rasenstück zu charakterisieren oder eine konkrete Lichtung zu zeigen, sondern zunächst einmal geht es um Malerei. Breite Pinselstriche, grosse, ausufernde Gesten fügen sich zueinander. Der Farbauftrag ist lasierend, untere Farbschichten kaum verdeckend und dann wieder beinahe pastos kräftig. Er fügt sich nicht zu geschlossenen Farbflächen, überall ist es ein Fliessen, Tropfen und Ausfasern der Konturen.
Mitunter geht das Sujet kaum über Andeutungen hinaus. Was sind das zum Beispiel für zarte orangerote Gebilde in einem Werk, das uns mit seinen Grün- und Türkiswerten wie ein Bild einer Wiese erscheint? Sind es Früchte, Blüten? Ist das Ganze überhaupt gegenständlich gemeint? Denn auch die Wiese ist mehr erahn- denn sichtbar. Ein anderes Gemälde meint der Betrachter dann zwar schnell als Rasenstück zu erkennen, auch wenn statt Grün Schwarz dominiert. Aber eindeutig strecken sich da Grashalme nach oben ins Weiss, oder? Denn auf den dritten Blick ist plötzlich eine kleine Figur zu entdecken, winzig inmitten der nun wie Baumstämme wirkenden Blattfasern. Selbst Dinge also, die zunächst vermeintlich deutbar sind, verrätseln sich wieder. Darin liegt ein besonderer Reiz von Schwarzbeks Bildern: Die malerische Geste wird zu einer Form, die Form verwandelt sich aber oft erst im Auge des Betrachters zu einem Ding.
Die in Egnach geborene und in Zürich lebende Künstlerin spielt ganz bewusst mit der Seherfahrung. In ihren Werken greift sie auf ein grosses Bildarchiv zurück, das nicht zuletzt auch aus der Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte entsteht. Wer sich also bei den auf der Wiese Ruhenden an Manets «Frühstück im Freien» erinnert fühlt, liegt nicht ganz falsch. Erinnertes fügt sich zu Gesehenem und verwischt sich in der freien malerischen Übertragung wieder.
Von Karin Schwarzbek ist zu erfahren, dass sie viele ihrer Bilder zunächst am Rechner komponiert, dort ausgewählte Bildmotive zueinander setzt, das Entstandene überarbeitet, mit Farbe und Licht experimentiert. Aber glücklicherweise bleibt es nicht dabei, denn der Künstlerin gelingt es mühelos, die selbst geschaffene Vorlage in freie Malerei und damit in ein höchst sinnliches Medium zu übertragen. Lebhaft und intensiv wirkt, was da in der Galerie Paul Hafner zu sehen ist. Und auch ein Weiteres mag der Rechner freilich nicht zu leisten: Die Bilder sind so frisch – sie riechen sogar noch nach Ölfarbe.