Die ersten drei
by Kristin Schmidt
Christian Röllin blickt mit seiner aktuellen Galerieausstellung auf die ersten Jahre seiner Arbeit zurück. Er hat sich mit seinem Schaffen international positioniert.
Drei Jahre sind vergangen, drei Jahre mit sechzehn Ausstellungen und zahlreichen künstlerischen Begegnungen. Christian Röllin zieht mit der jüngsten Ausstellung «Collection – Selection» eine Zwischenbilanz seiner Galerie. 2004 gegründet, gehört sie noch immer zu den jüngsten in der schweizerischen Kunstlandschaft. Doch wenn auf der Einladungskarte steht, die Galerie habe sich als wichtiges Element im kulturellen Leben der Region etabliert, so klingt daraus Stolz, der durchaus berechtigt ist. Die Galerie ist im Lagerhaus zu einer festen Grösse geworden, und die Ausstellungen haben ein ums andere Mal den Qualitätsanspruch Röllins bewiesen. Dies gilt auch für die aktuelle Präsentation. Sie ist Rückblick und Bestandsaufnahme zugleich.
Röllin zeigt Werke von Künstlern, die für die Galerie zu festen Grössen geworden sind: Ingmar Alge, Thomas Florschuetz, Ilkka Halso, Herbert Hamak, Ulla Jokisalo, Jos van Merendonk, Marco Poloni, Hildegard Spielhofer und Elisabeth Vary. Es ist das erste Mal, dass diese neun gemeinsam zu sehen sind – auch für Röllin eine besondere Situation, denn jedes Werk spricht für sich und interagiert doch mit den anderen. Mal ist es nur ein Farbton, der hie wie dort auftaucht, mal ist es aber auch Inhaltliches, wie etwa ein verwandter Blick auf den zeitgenössischen Menschen in seiner Isolation, mal sind es die Reflexionen zum Medium Malerei.
Röllin hat sehr unterschiedliche Positionen in seinem Programm, die dennoch einen gemeinsamen Kern aufweisen. Ob Malerei, Fotografie, Zeichnung, Objekt oder Video – die Künstlerinnen und Künstler arbeiten nicht dokumentarisch, auch das Erzählerische bleibt im Hintergrund, viel wichtiger ist das Vertrauen ins Bild, auf die Kraft der Farbe oder die Komposition. Bei Thomas Florschuetz‘ Orchideen- oder Fensterbildern beispielsweise ist das Sujet nicht um seiner selbst willen abgelichtet, sondern wird auf seine bildnerische Eignung hin untersucht. Auch Hildegard Spielhofers Werke beruhen zwar auf ganz konkreten Vorlagen wie einem Schiffswrack, lösen sich aber davon und funktionieren als unabhängige Bildstudien, das gilt sogar für ihre Videoarbeiten, die der Redewendung von bewegten Bildern in ursprünglichem Sinne gerecht werden.
Allen Künstlern gemeinsam ist ihre Internationalität, ihr Werk strahlt über die Grenzen des Herkunftslandes aus, sei es Deutschland, Finnland, Österreich, Holland oder die Schweiz. Dies ist dem Galeristen besonders wichtig. Erst durch die internationale Anbindung und Positionierung erreicht die Galerie auch einen Mehrwert für St. Gallen. Und die Künstler kommen gern hierher, das liegt nicht zuletzt auch an den besonderen örtlichen Gegebenheiten. Immer wieder sind sie angetan von der Klarheit und Grosszügigkeit der Räume im Lagerhaus. Doch Röllin zieht es auch an andere Orte: Er nahm an verschiedenen Messen in Berlin, Basel und sogar auf hoher See teil: Die Europa.art ist eine Messe an Bord des Kreuzfahrtschiffes, die im Gegensatz zum üblichen Messestress und -getümmel die Chance bieten möchte, Kunst gezielter und tiefgehender zu vermitteln. Röllin begreift sich in diesem Sinne als Kulturarbeiter. Ein anderer Beleg dafür ist seine Zusammenarbeit mit der HSG, denn für den Galeristen gehört das Kulturverständnis auch für angehende Ökonomen zum guten Ton, und zwar immer im Hinblick auf ein klares Bekenntnis zur Zeitgenossenschaft. Bleibt zu wünschen, dass dieses Engagement Früchte trägt und dass ausserdem irgendwann ein rundes Galeriejubiläum gefeiert werden kann.