Kontrolle adé
by Kristin Schmidt
Steckborn. Führt der Stift die Linie? Führt die Hand den Stift? Und das Hirn die Hand? Oder ist die Linie schon im Kopf bevor sie auf der Leinwand, auf dem Papier ist? Wenn ja, wie wäre dies zu vermeiden? Fragen, die seit mindestens hundert Jahren künstlerische Forschungen vorantreiben. Linda Semadeni fügt ihnen ein neues, ein eigenständiges Kapitel hinzu. Die Bilder der jungen Künstlerin strahlen grosse Unmittelbarkeit aus, sie negieren die Kontrolle, das Kalkül und kompositorische Dogmen. Immer wieder nehmen die Linien unerwartete Wendungen. Sie kringeln sich, winden sich in Mustern, verheddern sich, verenden, beginnen vom Neuem, werden übersprayt oder sich selber überlassen: Mach doch was Du willst! Erfrischend, diese Rotzigkeit, diese Nonchalance. Auch deshalb, weil sie nie ins Manierierte kippt und sich in jedem Quadratzentimeter ihre Kraft bewahrt. Einen wichtigen Beitrag leistet die sparsam eingesetzte Farbe: Semadeni kann beides – sie zeichnet ebenso treffsicher wie sie ein markantes Neongrün, Gelb oder Orange auf die Leinwand haut. Zack, und nun komm selber klar!
Die kleinen, gepflegten Galerieräume in der Steckborner Kirchgasse bieten das perfekte Gegenstück zu so viel unbändiger Energie.