Im Spiel der Quadrate
by Kristin Schmidt
Die Ausstellung «Konstruktive Malerei» des in Holland geborenen St. Gallers Evert Ouwerkerk ist noch bis Ende Januar in der Galerie der Klubschule im Bahnhof zu sehen. Perfekte Monochromie, von Hand gemalt.
Evert Ouwerkerks Kompositionen sind reine Form. Sie erzählen keine Geschichten, sie verweisen nicht auf Gegenständliches, sie abstrahieren nichts aus der realen Welt – sie sind selbst reine Realität. Sie sind die Verbindung von Linie und Fläche, von Farbe und Bildgrund.
Jedes Werk basiert auf einem streng horizontal und vertikal ausgerichteten Raster. Dieser Raster kann sowohl durch ein graues Liniennetz gebildet sein wie auch durch die weiss belassenen Zwischenräume eng zueinander geordneter Flächen.
Diese Flächen wiederum strahlen in den vielfältigsten, oft sogar leuchtenden Farben. Selten jedoch taucht mehr als eine Primärfarbe in einem Bild auf. Auch Komplementärkontraste sind rar, stattdessen leben viele der Werke von Varianten ein und desselben Farbtons. Und dann ist da noch das Weiss: Wie ein Passepartout umgibt es jede der farbigen quadratischen Grundformen. Da sich die graue Lineatur, die das jeweilige Quadrat in verschiedenste Felder unterteilt auf dem weissen Rand fortsetzt, reicht jedes der Werke in die Unendlichkeit hinein, jede Linie lässt sich über den Rahmen, über das Blatt hinaus weiterdenken.
Ouwerkerk arbeitet in ganz unterschiedlichen Formaten. Sie sind mal nur wenig grösser als ein CD-Cover, mal beinahe mannshoch. Doch ganz gleich ob auf 25 cm Kantenlänge oder auf anderthalb Metern: Immer besticht die grosse Präzision, mit der die Bilder gearbeitet sind. Die Farbflächen strahlen die perfekte Monochromie aus, und doch sind sie von Hand, mit dem Pinsel gemalt. Ebenso die schnurgeraden Linien. Hier kommt Ouwerkerk seine eigentliche Profession zugute: Der 1937 in Holland geborene St. Galler ist Gestalter, Grafiker.
Diese Disziplin, die Konzentration auf die Form mag hier ihren Ursprung haben, und Evert Ouwerkerk selbst lehnt es in Verbindung mit seinen freien Arbeiten ab, als Künstler bezeichnet zu werden. Dem Betrachter jedoch ist der künstlerische Gehalt der Arbeiten stets präsent. Und sei es, weil sie sich so mühelos in den kunsthistorischen Kanon einordnen lassen. So erinnern sie etwa an den Leitgedanken der Konstruktivisten, die Kunst auf ein geometrisches Formenvokabular und gleichmässig gesetzte Farbflächen zurückzuführen. Oder den Anspruch der konkreten Kunst, reiner Ausdruck von harmonischem Mass und Gesetz zu sein, Systeme zu ordnen und diese Ordnungen auf künstlerische Weise zum Leben zu erwecken.
Besonders stark sind Evert Ouwerkerks Werke denn auch dort, wo sie in Reihen und Folgen gedacht sind, auch wenn er selbst den Begriff der Serie meidet und die Werke grundsätzlich als Einzelstücke sieht. Doch wenn auf sechs Blättern in einem gleichmässigen Linienraster nur die Anordnung der gelben und orangen Farbfelder variiert oder in einer Folge von acht Collagen die Position und die Farbigkeit der Felder verändert ist, dann hat dieses Durchexerzieren verschiedener Möglichkeiten zugleich etwas Spielerisches und etwas mathematisch Experimentelles.
Ergänzt wird die Ausstellung in der von Richard Butz kuratierten Reihe «Kultur im Bahnhof» durch zwei Leuchtenentwürfe Ouwerkerks. Hier stellt sich nicht nur der Designer vor, sondern zeigt schliesslich noch die praktische Anwendbarkeit seines Quadratrasters.