Alles Ansichtssache
by Kristin Schmidt
Die aktuelle Ausstellung bei widmertheodoridis vereint drei Einzelpositionen. Die Arbeiten von Andreas Fux, huber.huber und Anita Zimmermann sind keinem gemeinsamen Thema unterworfen und finden doch gut zueinander.
Hunde begleiten die Menschen seit Jahrtausenden. Ebenso lange bilden die Menschen ihre geliebten Hunde ab. Das fängt auf altägyptischen Reliefs an, setzt sich bei Dürer, Tizian, Velasquez und Rubens fort und hört in der Gegenwartskunst nicht auf.
Hunde sind die Gefährten der Diana, der Kinder, der Mächtigen, der Melancholiker und Gelehrten und bewachen die Unterwelt. Wie lässt sich diese Vielfalt fassen, wie den einen Hund darstellen, der alles in sich vereint?
Anita Zimmermann zeichnet einen weissen Hund in den Raum. Dreidimensional und riesengross besetzt er die Scheune der Galerie widmertheodoridis in Eschlikon. Er wacht und wartet, er ist einfach da. Er muss nichts und kann alles sein. Diese Offenheit für die Zuschreibungen verbindet ihn mit den nebenan ausgestellten Werken von Markus und Reto Huber: Kristallbrocken liegen im ehemaligen Stall neben und auf einer Leuchtstoffröhre. Wo einst das Vieh stand, wirken die Brocken einerseits fremd und doch formal vertraut. Natur kommt zu Natur und dies durch Menschenhand. Sie bringt auch die Rosenquarzscheiben zu ihrer Form und Farbe. Huber.huber platzieren die als Heilsteine angesehenen Mineralien als Bildelemente und verleihen ihnen eine farbige Aura.
Sollen die Kristalle im Stalle eine reinigende Wirkung entfalten? Können sie das? Markus und Reto Huber spielen mit dem Widerstreit von Verstand und Glauben. Letzterer versetzt bekanntlich Berge; manchmal auch nur ganz kleine. Ein schönes Bild dafür liefern die Steine im benachbarten Galeriegebäude. Wie chinesische Gelehrtensteine thronen sie auf kleinen Holzsockeln und sind doch nur Fundsteine aus hiesigen Feuerstellen. Sie sind durch die Hitze geschwärzt und geborsten, also ebenfalls wieder durch Menschenhand verwandelt.
Huber.huber adeln das Gewöhnliche und decken die Mechanismen des Glaubens auf. Zudem bringen sie die Schönheit ins Spiel. Steine und Kristalle treffen auf Schmetterlingsflügel, Haut und Körper. Russ kontrastiert mit Rosa, Inkarnat mit dem eisigen Weiss der Salze. Die Ästhetik verleiht dem Glauben zusätzliche Anziehungskraft.
Die Positionen von Anita Zimmermann und huber.huber sind sinnfällig verzahnt miteinander, auch wenn es sich genau genommen nicht um eine Gruppenausstellung, sondern um Einzelpräsentationen handelt. Ebenso gut passt Andreas Fux´ Werk in dieses Gefüge. Seine Fotografien tätowierter und gepiercter Menschen zeigen den Wunsch der Menschen, Bilder von sich selbst zu transportieren. Die weiche Haut wird zum Träger für harte Konturen und streng lineare Zeichnungen. Indem Fux eine seiner Schwarzweissfotografien als Motiv für einen handgeknüpften Seidenteppich verwendet, wird die Härte in Weichheit zurückverwandelt. Mit der zusätzlichen Transformation in ein Negativ verlieren die Zeichen ihre Kraft. Stattdessen erscheinen sie als helle Spuren auf dunkler Haut und befreien sich vom streng organisierten Motiv. Die grafische Form löst sich auf, die Körperzeichnung verliert sich im Flor aus persischen Knoten. Hier schliesst sich der Kreis der Ausstellung: Auch Anita Zimmermann testet die Grenzen der Zeichnung aus. Die räumliche Zeichnung des weissen Hundes umgeben plastische Schriftzüge, und einer Kuppel aus Styroporscheiben antworten Grafiken mit Varianten eben dieser Kuppelform. Die dritte Dimension ist darin wieder ins Papier gebannt und scheint dank der linearen Darstellung vor oder zurück zu schwingen und entweder umgestülpt oder aufgerichtet zu sein. Einmal mehr ist alles Ansichtssache.