Grenzen im und um den Garten

by Kristin Schmidt

Wer einen Garten betritt, überschreitet eine Schwelle. Hier gilt eine andere Ordnung, ein anderes Miteinander von Mensch und Natur. Hier ist Kontemplation möglich, Aktion nötig und – im Falle der Biennale im Weiertal – Reflexion erwünscht. Die Ausstellung versammelt Arbeiten von über zwanzig Künstlerinnen und Künstlern.

Jeder Garten trägt ein Stück Paradies in sich. Ganz gleich ob er verwildert oder schnurgerade angelegt ist, ob üppig oder unkrautfrei – er ist ein Nachkomme des Garten Eden: ein kultiviertes Stück Land, ein Abbild des immer wieder neu definierten Verhältnisses des Menschen zur Natur. So gilt als idealer Garten heute einer, der Natur und Mensch gleichermassen gerecht wird. Allerdings ist der Zugang zum Paradies geregelt, nicht alle sind erwünscht. Hier setzt die Biennale 2017 im Kulturort Weiertal an. Dessen Gartenanlage mit alten Obstbäumen, Rosensträuchern, Weiher und Bachläufen ist ein perfekter Rückzugsort und liefert damit das Motto «Refugium». Aber wer darf hinein? Wer nicht? Warum nicht? Wie liesse sich das Verbot umgehen? Wer hat es überhaupt erlassen?

Die eingeladenen Kunstschaffenden reagieren mit ortsspezifischen Objekten und raumbezogenen Interventionen auf die nicht allen zugängliche Idylle. Sie zäunen ein und gliedern aus, sie vermengen Einheimisches mit Fremden, sie täuschen und tarnen, strukturieren und dekonstruieren. Gregor Frehner etwa inszeniert einen Schützengarten und platziert seine Betonbomben im Bach. Sie sind bereits mit Algen überwuchert, was ihnen eine Aura des Historischen verleiht; bedrohlich wirken sie dennoch. Diese Ambivalenz zeichnet viele der Kunstwerke aus. So lassen die Brüder Huber.Huber offen, ob der vergoldete Weidedraht tatsächlich unter Strom steht oder nur ein Symbol für die Wohlstandsschweiz ist. Das Künstlerinnenkollektiv RELAX beschriftet einen Schuppen mit dem Hinweis «members only» und verweist auf Last und Privileg der Gastgeberrolle: Exklusivität weckt Begehrlichkeiten, dies gilt nicht nur für Clubs, sondern auch für politische Strukturen. Monica Ursina Jäger und Michael Zogg setzen ein Polyedergerüst mitten in den Weiher – ihre Schutzfunktion kann die an ein Zeltgestänge erinnernde Konstruktion hier nur bedingt entfalten. Aber auch die Natur bedarf des Schutzes, daran erinnert Mia Dieners Märchen über «Das Vermächtnis vom Weiertal». Die Audio-Installation macht den Garten zum Hauptakteur, sie lädt ein innezuhalten und den Blick aufs Andere zu richten. Besonders den eigens für die Ausstellung geschaffenen Arbeiten, gelingt es, ausgehend vom Garten eine Gedankenreise weit über das Hier und Heute hinaus anzuregen und die Idylle aktuellen gesellschaftlichen Fragen zu öffnen ohne sie zu zerstören.

Bis 10. September

www.weiertal.ch