«Zu den Bildern»
by Kristin Schmidt
Nicole Böniges Arbeiten auf Papier für «Obacht Kultur»
Farbe ist Farbton und Materie. Sie lässt sich abtönen oder pur verwenden, lässt sich zart lasierend aufs Papier streichen oder deckend flächig auftragen. Mit Wasser verdünnt und mit breitem Pinsel ergibt die Farbe breite ausfasernde Striche. Eine Spraydose verteilt sie in unzähligen kleinen Spritzern aufs Papier. Pink, blau, grau, gelb, abgestufte Töne, grün.
In den Arbeiten von Nicole Böniger besetzt die Farbe den Raum, sie formt ihn. Farbe bestimmt die Tiefe des Raumes und seine Weite, sie definiert seine Grenzen und das Licht. Die Künstlerin sucht und mischt Farben. Sie gestaltet damit sowohl Bildräume, wie auch gedankliche Räume. Ohne gegenständliche Details vorzugeben und reduziert auf eine überschaubare Menge an Flächen und Linien, öffnen sie dem Sehen ein grosses Feld. Eine Horizontale wird zu einem Horizont. Ein Band zu einem Weg, einem Fluss, einem Feldrain. Flächen stellen sich dazwischen wie Steine, Findlinge, kleine Hügel, Landmarken. Nicole Böniger fügt manche dieser Flächen als Collageelemente ins Bild ein. Sie staffelt die Flächen hintereinander, setzt sie mit weiteren Farbbahnen zueinander in Beziehung, malt weitere Flächen darüber und baut aus diesem Zusammenspiel Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund. Nicole Böniger schneidet die Farbflächen so aus, dass das Papier weiterhin zu sehen ist. So ist das Papier mehr als nur der Farbträger, seine Tonwerte gehören zum Bild. Damit lenkt die Künstlerin die Aufmerksamkeit auf die Nuancen. Kein Weiss gleicht dem anderen, keine Fläche ist monochrom. Immer wieder fängt sich darin das Licht und zieht den Blick in eine unbestimmte Ferne.
Nicole Böniger ist 1970 geboren, in Abtwil aufgewachsen und verwandtschaftlich mit Appenzell Ausserrhoden verbunden. Sie lebt in Zürich und arbeitet in Wettingen. 2004 und 2008 hat sie einen Werkbeitrag der Ausserrhodischen Kulturstiftung erhalten.
«Obacht Kultur» No. 27, 2017/1