Wer hat Angst vor Pink, Grün, Gelb?
by Kristin Schmidt
Die Künstlerin Claudia Desgranges zeigt in der Kunsthalle Ziegelhütte neue Arbeiten unter dem Titel „update“. Ihr Kennzeichen sind leuchtende Farben auf Aluminiumplatten.
Aluminium ist, was die aufgespannte, grundierte Leinwand nicht ist. Das Metall bietet der Farbe keine Reibungsfläche. Es ist flach, statt körperhaft. Es reflektiert, statt einen neutralen, hellen Hintergrund zu bieten. Wenn also Aluminium als Malgrund verwendet wird, dann ist diese Entscheidung nicht selbstverständlich, sondern Teil eines besonderen künstlerischen Gestaltungsprozesses. So wie bei Claudia Desgranges. Die 1953 geborene Künstlerin arbeitet in ihren Ateliers in München und Köln auf rechteckigen Aluminiumplatten unterschiedlicher Grösse. Der Farbauftrag ist dicht bis lasierend. Mal ist die ganze Fläche zugestrichen, mal setzt die Künstlerin mit breitem, sehr breitem Pinsel einzelne Striche oder einen Streifen auf eine lange Platte. Diese unterschiedlich grossen und verschieden bemalten Tafeln werden komponiert zu mehrteiligen Arbeiten: monochrom zu mehrfarbig, klein zu gross. Zwei bis drei Platten sind so montiert, dass sie vor der Wand zu schweben scheinen, zudem variiert ihr Abstand zur Wand.
Desgranges Themen sind Farbe, Raum und Malerei. Die Farben sind delikat und leuchtend. Ihre Strahlkraft wird vom hell reflektierenden Aluminium ebenso unterstützt wie in der Kombination dunkler Töne zu hellen. Die Reflektion des Metalls steigert zudem die Raumwirkung der Arbeiten. Schon durch die in Raum hineinreichende Montage gibt es einen räumlichen Effekt, überdies fangen die spiegelnden Metalloberflächen den ganzen Ausstellungssaal der Kunsthalle Ziegelhütte ein. Besondere Aufmerksamkeit verdient auch Desgranges´ Duktus. Mit bestimmter Geste streicht sie die Farben auf und gibt ihnen eine Richtung. Sie weisen unabhängig vom Trägermaterial in den Raum hinaus, lenken die Blicke aufwärts oder leiten zum nächsten Bild. Dies ist vor allem in den dreiteiligen Arbeiten spannend. In diesen zeigt sich Desgranges´ besondere Stärke. Hier stimmt die Balance zwischen Dynamik, Komposition und Farbe. In den zweiteiligen Werken geht hingegen die Raumwirkung etwas verloren, da beide Platten in der gleichen Ebene hängen. Zudem verlagert sich das Gewicht zu stark auf die Oberflächengestaltung. Diese wiederum ist weniger klar, sie verliert sich im gesetzten Muster.
Seit 1990 arbeitet die Künstlerin an ihrer autonomen Farbmalerei. Die verschiedenen Variablen ihrer Kunst werden immer neu ausgelotet, dazu gehört auch die Kombination der Platten: Erst nach dem Malprozess werden sie zueinander gruppiert. Ebenfalls nach dem Malen entstehen die Farbtagebücher. Auf deren Seiten hat Claudia Desgranges die verwendeten Pinsel ausgestrichen. So dokumentiert sie einerseits die Arbeit und andererseits führt sie das malerische Werk fort mit ähnlich bestimmtem Duktus und denselben Farben. In der Kunsthalle Ziegelhütte reiht sich die Präsentation der Bücher in eine lange Folge gezeigter Künstlerbücher. Aber auch die grossen Formate im Werk der Künstlerin sind schlüssig ins Museumsprogramm integriert, Kurator Roland Scotti führt damit die Reihe der Ausstellungen zur Farbmalerei fort. Desgranges´ Bilder sind ein farbenfroher neuer Kommentar zu diesem Thema.