Kunst im alten Klassenzimmer

by Kristin Schmidt

HR Fricker plakatiert, stempelt, beschildert, fotografiert und organisiert. Wohl jede und jeder ist schon mal an einem schön platzierten „da“ vorbeigelaufen oder hat einen „Ort der Wut“ entdeckt, einen „Ort der Nähe“, einen „Ort der Vision“ oder einen „Ort der List“.

Wer so prägnante Worte auf einem Emailleschild liest, sieht und empfindet den Ort augenblicklich anders. HR Fricker setzt das Denken in Bewegung. Und nicht nur das. Eine seiner besonderen Stärken ist es, Menschen zusammenzubringen, beispielsweise innerhalb der Mail-Art-Bewegung. Die Mail-Künstler hatten schon in den 1960er Jahren wenig Interesse an kommerziell verwertbaren Werken, sondern bauten Netzwerke auf. H.R.Fricker korrespondierte von seinem Trogener „Büro für künstlerische Umtriebe auf dem Land“ aus mit Künstlern auf der ganzen Welt, gestaltete Briefumschläge und Marken und initiierte den „Weltweiten dezentralisierten Mail-Art Kongress“ überall dort, wo zwei oder mehr Beteiligte sich trafen.

Aber auch die Künstlerinnen und Künstler der Ostschweiz versuchte Fricker zu vernetzen. So befragte er sie 1985 zu ihrem Interesse an offenen Türen. Es müsse doch möglich sein, so Frickers damalige Idee, die Kunstschaffenden dort zu treffen, wo sie leben und arbeiten – dezentral, unkompliziert, miteinander. „Szene-Intim“ sollte dieses Ereignis heissen, statt fand es nie. Vielleicht war die Zeit noch nicht reif? Jetzt ist sie es, und HR Fricker gehört zwar nicht zu den Organisatoren von Fünfstern, aber er ist gern dabei, das dritte Mal nun schon. Er sieht nur einen Nachteil in der Sache: Er kann selbst nicht unterwegs sein und unverbindlich in die Ateliers der Künstlerkollegen schauen.

Aber das wird aufgewogen durch die guten Begegnungen am eigenen Arbeitsort. Schon bei den letzten beiden Fünfsternwochenenden 2007 und 2011 kamen sowohl Bekannte zu Fricker, als auch neugierige Andere. Der Künstler führt sie gern durchs ganze Haus. Dieses ist selbst schon einen Besuch wert, denn HR Fricker bewohnt das alte Trogener Schulhaus. Dort, wo bis 1963 Kinder lernten, entsteht nun also Kunst. Dort, wo die Kindergärtnerin lebte, ist die Küche. Dort, wo die Handarbeitslehrerin kochte, stapeln sich Bilder. Die Wanderung durchs Haus in der Trogener Hüttschwende ist eine Reise durch die Zeit und durch die Kunst. Überall hängen und stehen neben den Arbeiten Frickers auch sorgfältig platzierte Werke von Künstlerkollegen, von Beyus über Tagwerker bis zu Signer. Ein Besuch bei HR Fricker gleicht einem Ausstellungsrundgang, nur das hier mit der Kunst gelebt wird und ständig Neues entsteht.