Tanz mit und ohne Alter

by Kristin Schmidt

Das Tanzfestival Tanzplan Ost geht in die zweite Runde. Die St. Galler Aufführungen für Jung und Alt finden ab nächsten Donnerstag in der Lokremise statt. Aber auch in Altersheimen und im Stadtpark wird getanzt.

Viel wird über das Alter geredet. Oft geht es dabei um Probleme. Tanzplan Ost packt das Thema von ungewohnter Seite an. «Tanz in Generationensprüngen» heisst die zweite Auflage des Tanzfestivals der acht Ostschweizer Kantone und des Fürstentums Liechtensteins. Es will nicht nur das Publikum über alle Altersschranken hinweg ansprechen, sondern die Grenzen auf der Bühne niederreissen.

Eigentlich steht der Tanz, ob klassisch oder zeitgenössisch, nicht für fortgeschrittenes Alter. Im Gegenteil, oft gehören Tanzschaffende ab 35 zum «alten Eisen». Die Gründe scheinen auf der Hand zu liegen, sind doch die physischen Anforderungen gewaltig. Aber sie sind nicht alles.

Tanz ist mehr als akrobatisch anspruchsvolle Bewegung. Tanz lebt von der Präsenz der Tänzerinnen und Tänzer, ihrer Erfahrung und technischen Präzision. Davon kann sich das Publikum kommende Woche in der Lokremise überzeugen.

Den Auftakt machen Cie Prototype Status mit «Caso & Caos» und die Produktion «Ja! Ja! Ja!», eigens für das Tanzfestival entwickelt von der Amerikanerin Sara Pearson und dem aus dem Toggenburg stammenden Patrik Widrig. Die beiden Choreographen arbeiten mit acht Tanzschaffenden aus der Region zusammen: Ältere und Junge sind in diesem Projekt gemeinsam auf der Bühne. Widrig und Pearson nutzen «die besondere Alchemie» der Mitwirkenden, bringen den Erfahrungs- und Lebensaustausch in Gang.

Freie Szene vernetzen

Das Stück entsteht vor allem für Profitänzerinnen und -tänzer, aber auch Laien werden in einer kurzen Sequenz einbezogen. Es ist ein energiegeladenes Stück mit überraschenden Paarungen und eigens komponierter Musik. Der zweite Abend umfasst vier Kurzstücke, eines davon vom Ausserrhoder Philip Amann und Kilian Haselbeck aus Rotterdam. Die beiden haben sich auf der Tournée von Tanzplan Ost 2010 kennengelernt – ein schönes Detail im Rahmen des Tanzfestivals, hat es sich doch auf die Fahnen geschrieben, die freie Szene nicht nur zu fördern, sondern zu vernetzen. Beim Vermittlungsangebot stehen die Laien im Mittelpunkt, so laden die Portugiesin Sonja Ruch und der Schweizer Oliver Dähler in zwei Altersheimen zum bewegten Ausdruck ein. Die Jugend kommt beim Breakdance im Stadtpark zum Zuge. Die Kompanien 9z Crew und Webo Sisters aus dem Jura veranstalten dort mit sechzig Hip Hoppern der Region einen Workshop.

An die ganz Jungen richtet sich die Produktion «Pic Pac» von Bollwerk. Hier wirken Kinder ab zwei Jahren ganz automatisch mit, ihre spontanen Reaktionen werden ins Stück eingebaut. Kinder ab fünf sind zu «ganz und gar wandelbar» der Company Mafalda eingeladen. Im Anschluss dürfen sie und ihre Eltern sich in einem Workshop selbst verwandeln.

Sehgewohnheiten reflektieren

Die Sonntagsmatinée schliesslich regt unter dem Motto «wir tanzen weiter» mit vier Kurzstücken älterer Tanzschaffender die Besucherinnen und Besucher an, Sehgewohnheiten und ästhetisches Empfinden zu reflektieren und zu hinterfragen. Tanz bewegt und will bewegen – auf der Bühne und im Publikum.