Grüss Göttin

by Kristin Schmidt

A.M. Jehle im Kunstmuseum Liechtenstein

Eine Schürze aus Blech, so steif wie eine Rüstung, eine «Genie»-Waschmittelpackung auf Stilettoabsätzen, aufgefädelte Babypüppchen – unter den Händen Anne-Marie Jehles verwandelten sich die Dinge eines weiblich geprägten häuslichen Umfelds in humorvoll-bissige Kommentare zu Rollenklischees. Die Künstlerin (*1937 in Feldkirch, +2000 in Vaduz) zeichnete, fotografierte – bevorzugt mit einer Polaroidkamera – , verfremdete die Fotografien und malte, sie entwickelte Collagen, Objekte und installative Inszenierungen. Sie stickte, strickte und verknüpfte diese traditionell weiblichen Handarbeitstechniken mit männlich konnotierten Begriffen. Sich selbst entzog sie solchen Zuschreibungen, indem sie ihren Vornamen stets auf die Initialen reduzierte. Eine Pionierin der Emanzipation war sie dennoch. «Dem treuen Dienstmeitli» widmete sie zwei Jahre vor Einführung des Frauenstimmrechtes eine an einem Kleiderbügel aufgehängte Zeitungstitelseite zu diesem Thema und einen Zehnfrankenschein umhäkelte sie mit einer Borte. Aspekte des Alltags treffen in ihren Arbeiten auf Fragen der Geldwirtschaft, der privaten und öffentlichen Macht. Geschlechtliches thematisierte sie ebenso offen, setzte aber nie ihren eigenen Körper in der Öffentlichkeit ein wie es Valie Export oder Ulrike Rosenbach taten. Stattdessen finden sich in ihrem Werk anspielungsreiche, mehrdeutige Objekte. Sie rücken die Künstlerin in die Nähe surrealistischer Verfremdungsideen und enthalten auch Referenzen zu dadaistischer Unbefangenheit und Provokation. Mit den Vertreterinnen und Vertretern des Nouveau Réalisme und der Fluxusbewegung stand A.M. Jehle schon sehr früh in Verbindung.

Als sie sich 1989 entschied, in den USA einen Neuanfang zu wagen, bricht Jehles künstlerisches Werk jäh ab. Sie versiegelte das in eine einzigartige Installation transformierte Haus im vorarlbergischen Feldkirch und liess die vielen, dort verwahrten Arbeiten zurück. Die Ensembles aus dem Haus befinden sich in der Sammlung des Kunstmuseum Liechtenstein. Es zeigt anlässlich des 80. Geburtstages der liechtensteinisch-vorarlbergischen Künstlerin den Grossteil der im Museum befindlichen Werke von A.M. Jehle.

Bis 27. August

www.kunstmuseum.li