«à discrétion»

by Kristin Schmidt

Ein Kunst-Menu nach Belieben – Kunst und kulinarische Spezialitäten in den Gasthäusern des Appenzellerlands

Appenzell Ausserrhoden hat keine Kunsthalle. Nicht einmal mehr den knapp einen Kubikmeter messenden Kleinstkunstraum Schaukasten Herisau, der mit hochkarätigem Programm acht Jahre lang in die Bresche sprang. Eine wichtige alternative Plattform für Kunstschaffende bietet das Kulturmagazin «Obacht» des kantonalen Amtes für Kultur. Zudem sind die fehlenden Ausstellungsräume eine Chance für temporäre Projekte. Schon «för hitz ond brand» machte 2007 aus der Raumnot eine Tugend und nutzte die bestehenden, meist historisch-ethnologisch ausgerichteten Museen in Inner- und Ausserrhoden für temporäre Interventionen zeitgenössischer Kunstschaffender. 2012 folgte die Wanderbühne für das Kantonsjubiläum AR◦AI500. Nun nimmt «à discrétion» den Faden wieder auf. Diesmal nicht in Museen, sondern in Wirtshäusern: Die Ausserrhodische Kulturstiftung und die Innerrhoder Kunststiftung haben alle Künstlerinnen und Künstler, die seit 2002 einen Werkbeitrag erhalten haben, eingeladen, in einem Appenzeller Gasthaus eine Arbeit zu realisieren.

Eine reizvolle Ausgangssituation: Beizen ermöglichen einen unverbindlichen Austausch. Ob am zentralen Dorfplatz oder abgelegen und nur zu Fuss erreichbar, ob Besenbeiz oder Hotelrestaurant – in Gasthäusern kommen Menschen zusammen. Zudem sind ländliche Wirtshäuser oft Orte mit langer Geschichte. Aber auch das Beizensterben und neue soziale Strukturen im ländlichen Raum interessieren die 30 teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler. So wird ein stillgelegtes Dorfhotel zum Sehnsuchtsort. Eine aus Zeit und Raum gefallene, postmoderne Inneneinrichtung erhält einen neuen visuellen Anker. Eine Rumpelkammer wird zum Gedankenraum. Mammutbäume lernen sprechen. Ein historisch bedeutsamer Rokokosaal findet seine Entsprechung im Eingangsbereich des Gasthauses, den vor kurzem noch Harasse verstellten. Sonnenuntergänge ersetzen Sennenbilder. Appenzeller Weine münden in eine mentale Szenerie. Mehrfach reizt die Beizenbeflaggung zu Eingriffen.

Die Kunstschaffenden räumen um, aus und ein, gestalten Innen- und Aussenräume. Jede Künstlerin und jeder Künstler hat sich den Ort für die eigene Arbeit selbst gewählt. Dabei spielten sowohl die eigenen Wurzeln als auch die Faszination für eine Beiz oder Gegend eine Rolle. So sind vielfältige, passgenaue Werke entstanden, die Lust machen auf eine Beizentour der anderen Art. Routenvorschläge werden «à discrétion» mitgeliefert.