Steine – Schnitt – Bild

by Kristin Schmidt

Katalin Deér

„Stein, Schnitt“, 2016, zwei Fotografien

Ein Stein ist ein Körper im Raum. Eine Fotografie ist ein Schnitt durch die Zeit und durch den Raum. So wird ein fotografierter Stein im Moment der Aufnahme auf zwei Dimensionen reduziert. Tischbeine oder Transportgurt sind der Bruch im Sujet. Sie verweisen auf den Raum ausserhalb des Körpers und sind ebenfalls fotografisch eingeebnet. Auch wenn ein Stein mit der Diamantsäge aufgeschnitten und die plane Oberfläche betrachtet wird, sind nur zwei Dimensionen im Blick. Die Geste des Steinaufschneidens gleicht dem Zuschnappen der Kamerablende; die geschliffene Steinfläche ist ein Bild.

Fotografiert Katalin Deér den aufgeschnittenen Stein, gibt sie ihm seinen Raum zurück. Die Künstlerin löst die Fotografie aus der Fläche mit einem einfachen skulpturalen Akt: Sie faltet das Papier, klappt es auf und fügt die dritte Dimension wieder hinzu. Die beiden papiernen Flächen umschreiben einen Raum, sie sind dessen gestaltete Wände. Der Bildbogen mit den Fotografien geschnittener Steine lässt sich dem Heft entnehmen. In den Raum gehalten beginnt der fotografierte Stein sich mit der neuen Umgebung zu verbinden. Der doppelseitig bedruckte Bogen lässt sich so zusammenfalten, dass die beiden Flächen einander berühren. Das Innere des einen Steines ist dann im Inneren des Bildbogens verborgen. Die Fotografie auf der Aussenseite wird durch die Falzkante unterbrochen. Der Anschnitt verweist auf die Herkunft des Bildes aus einem grösseren Raum.

Kurztext für Obacht Kultur, Sonderausgabe Kulturlandsgemeinde 2016