Dieter Meier in Aarau

by Kristin Schmidt

Wie etwas ausstellen, das nicht mehr existiert? Wie Dokumentation und Werk unterscheiden und zu einem stimmigen Ganzen fügen?

Das Aargauer Kunsthaus präsentiert das künstlerische Werk des Schweizer Multitalentes Dieter Meier. Fotografie, Skulptur, Performance, Film, Objekt, Text, Zeichnung – Meier arbeitet in allen Medien. Aber insbesondere von seinen frühen Aktionen aus den späten 1960er und frühen 1970er Jahren existiert nur wenig und oft nur sekundäres Material. Doch gerade diese Aktionen sind sowohl für Meiers eigene künstlerische Definition entscheidend als auch für die in jener Zeit betriebene Auseinandersetzung mit Fragen der künstlerischen Produktion und ihrer Eignung zur Gesellschaftskritik.

Meier stiftete einerseits Verwirrung, indem er Gewohntes, Alltägliches eigens thematisierte oder andererseits in bekannten Situationen ungewöhnliche Vorgänge inszenierte: Mal tritt er an einer Vernissage mit Pistole auf und versichert per Schild, dass er nicht schiessen werde, mal zählt er fünf Tage lang vor dem Zürcher Kunsthaus Schrauben in Plastiksäcke. Mal beschreitet er auf dem Bellevueplatz für eine Stunde lang immer dieselben 20 Meter, ein andermal teilt er Passanten „Gangbestätigungen“ aus oder kauft ihnen ein „Ja“ oder ein „Nein“ ab.

Diese Arbeiten erschliessen sich im Aargauer Kunsthaus in aufwendig zusammengetragenem originalen Pressematerial, Fernsehreportagen oder Teilnehmerzertifikaten. Die Schreibmaschinenseiten mit Konzeptbeschreibungen, und Schwarzweissfotografien hingegen wurden auf Posterformat vergrössert und auf die Wände tapeziert. Damit erhalten sie eine neue Unmittelbarkeit: Präsenz statt trockenem Rückblick.

Die Ausstellung ist chronologisch konzipiert und so zeigt sich, wie Meier immer weiter in den Kunstbetrieb hineinwächst, sich mehr und mehr in etablierten Gattungen, insbesondere der Fotografie, bewegt, aber dennoch immer einen unverstellten, autonomen Blick behält. Schliesslich dann das grosse Kapitel der Videoclips des Elektropopduos Yello ab 1981. Ihnen ist in Aarau ein Kinoauftritt gewidmet. Für viele der Musikvideos stellte Meier die bunten, mitunter bizarren Kulissen selber her. Im Kontext seiner übrigen Arbeiten zeigt sich nun, wie kunstnah sie sind mit ihren malerischen, installativen und skulpturalen Einsprengseln. Das danach ausgestellte Spätwerk des Künstlers vermag nicht mehr an die Originalität des frühen anzuknüpfen, trotzdem ergibt sich eine runde, schlüssig inszenierte Schau.