Das schönste Schwarz

by Kristin Schmidt

„Ich verwende Farbe zu einer Art Experiment, um herauszufinden, was mit ihr geschieht. Marcia Hafif erforscht den Grundstoff der Malerei, die Farbe auf ihrem Trägermaterial. Das Werk der amerikanischen Künstlerin wird zeitgleich im Kunsthaus Baselland und im Kunstmuseum St.Gallen gewürdigt.

Farbe, dicht, matt, samten, unergründlich tief, leuchtend; Pigmente rein, unvermischt – die Gemälde von Marcia Hafif (*1929, lebt in Laguna Beach und New York) entfalten einen unwiderstehlichen Sog. Zusammengestellt zu Reihungen und Gruppen betören sie durch ihren sonoren Farbklang. Sie bilden nichts ab, sie sind unabhängig und radikal. Die Künstlerin kann sich für eine Kategorisierung ihrer Arbeit als „Radical Painting“ nicht erwärmen, doch die Verwandtschaft ist offensichtlich. Die monochromen Gemälde verweisen auf nichts ausserhalb ihrer selbst, sie existieren „unabhängig von dieser Welt“ wie die Künstlerin 1981 schrieb. Zugleich besitzen sie das Potential, mit dieser Welt zu interagieren, den Blick für diese Welt zu öffnen. Dies zeigen die Präsentationen im Kunsthaus Baselland und im Kunstmuseum St.Gallen besonders anschaulich, da Hafifs Werke im umgenutzten Industriegebäude andere Qualitäten ans Licht bringen als im klassizistischen Museumsbau.

Ein vergleichender Blick lohnt sich umso mehr als die beiden Institutionen das Oeuvre nicht nach werkspezifischen Kriterien untereinander aufgeteilt haben, sondern gemeinsam einen umfassenden Überblick zeigen. Hier wie dort sind unter anderem „Black Paintings“ zu sehen, jene grossformatigen Bilder, in denen sich Pinselstriche in Umbra und Ultramarin zu einem irisierenden Schwarz fügen, in dem selbst das Licht noch Platz findet. Im Kunstmuseum St.Gallen ergänzen Hafis Fotografien aus ihrem Geburtsort Pomona den konzeptuellen Ansatz ihrer Arbeit, während im Kunsthaus Baselland ihre Aufnahmen aus Mexiko und Rom zusätzlich zur formalen Stringenz eine anekdotische Komponente ins Spiel bringen. Im Oberlichtsaal des Kunstmuseums interagiert die hervorragend inszenierte 106teilige Serie „An Extended Gray Scale“ beispielsweise mit der Reihung der Stuckelemente, hingegen korrespondieren die „Twenty Glaze Paintings“ im Kunsthaus Baselland mit dem schmalen Ausstellungssaal und seinen sechs bodentiefen Fenstern. Zusätzlich lässt sich in beiden Hängungen der Aspekt der Zeitlichkeit erleben: Hafifs Werke sind Ausdruck einer Dauer. Eindrücklich zeigt sich dies in Muttenz und St.Gallen auch in den Blättern mit repetitiv gesetzten Bleistiftstrichen.

Bei aller Übereinstimmung entwickeln die beiden Ausstellungen einen jeweils eigenen Charakter und wirken damit vielmehr wie zwei ebenbürtige Teile einer Gesamtschau als zwei einander ergänzende Präsentationen.