Dreimal die Achtziger

by Kristin Schmidt

Einen Blick zurück und einen Vorgeschmack auf ihre letzte Ausstellung im Lagerhaus gibt Susanna Kulli mit «Framed». Zu sehen sind Werke aus den 80er- Jahren von Oliver Mosset, Gerwald Rockenschaub, John Armleder – drei Künstler aus ihrem Galerieprogramm.

Susanna Kulli präsentiert die vorletzte Ausstellung in ihren Galerie-Räumen im Lagerhaus. Vor dem Umzug nach Zürich sind noch einmal drei grosse Namen aus dem Galerieprogramm vertreten. Oliver Mosset, Gerwald Rockenschaub und John Armleder waren in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als einmal in sorgfältig ausgewählten Einzelpräsentationen in der Galerie zu sehen. Nun sind sie gemeinsam, jeder mit wenigen und umso mehr sehenswerten Werken ausgestellt. Da sind beispielsweise die frühen Gouachen und Zeichnungen Gerwald Rockenschaubs. Alle sechs Blätter stammen von 1982, jenem Jahre also, in dem sich Rockenschaub vom expressiven Gestus der früheren Jahre löst und sich der Geometrie zuwendet. Bald darauf wird der 1952 in Linz geborene Künstler zu einer Isolation der Zeichen gelangen, die er in seinen späteren Computerbildern in Reinstform zelebriert.

Die kleinformatigen Bilder zeigen sehr anschaulich, wie sich dieser Übergang von der komplexen geometrischen Struktur zum Einzelsymbol vollzieht. Auf fünf Bildern wird die gesamte Fläche mit einem spielerisch angelegten Raster aus Dreiecken und Vierecken rhythmisiert. Trotzdem Rockenschaub hier ausschliesslich auf Handarbeit setzt, fällt die grosse Präzision ins Auge, die als Vorzeichen für seine spätere Vorliebe für abstrakte Zeichen und Muster vom digitalen Fliessband gelesen werden kann. Das sechste Bild zeigt eine das ganze Format beherrschende lineare Form. Hier ist der Schritt zur Chiffre, zur zeitgenössischen Hieroglyphe vollzogen. Ergänzt werden die frühen Arbeiten von drei Siebdrucken der späten Achtziger auf Plexiglas, Werke, in denen die Unregelmässigkeiten der früheren Handarbeit in reproduzierbare Perfektion übertragen ist.

Diese spannende Gegenüberstellung früher Werke mit solchen der jüngsten Vergangenheit setzt sich fort in den ausgestellten Arbeiten John Armleders. Auch er ist für die kühle Präzision in seinem Werk bekannt und ausserdem für das immer wieder auftauchende Motiv des Seriellen. Besonders fällt in diesem Zusammenhang eine Zeichnung aus dem Jahre 1970 auf. Armleder erzeugte hier mittels Abreibung der Bleistiftzeichnung ein seitenverkehrtes Doppel eines kleinen Satanspaares: aus zwei mach vier. Mit ihrer Vervielfältigung und durch ihre homogene Binnenfläche bekommen auch die Teufel plötzlich Zeichencharakter, ein Vorgang, der sich beispielsweise in den jüngeren Klecksbildern Armleders vielfach wiederholt. Die um hundertachtzig Grad gedrehten Zahlenreihen einer Arbeit aus dem Jahre 1998 verraten ihre logische Struktur dagegen nicht auf den ersten Blick. Auf den Kopf gestellt, wird auch Mathematik schwer lesbar – doch nicht weniger faszinierend. Der Dritte im Bunde von «Framed», so der Titel der Präsentation, ist schliesslich Oliver Mosset. In der Vergangenheit stellte er mehr als einmal gemeinsam mit John Armleder aus. Der Schweizer, Jahrgang 1944, ist mit drei kleinen Acrylbildern auf Karton aus dem Jahre 1996 und dem vierteiligen Siebdruck «References» (1980) in der Zusammenschau vertreten. Ein denkbar kleiner Ausschnitt also aus einem Œuvre, dessen Dimensionen in der kürzlich zu Ende gegangenen Retrospektive im Kunstmuseum St. Gallen deutlicher wurden.

Doch selbst in dieser Konzentration zeigt sich die Klarheit und Brisanz seiner sowohl dem Radical Painting nahe stehenden wie auch den reduktionistischen Programmen aus der Zeit der Zusammenarbeit mit Daniel Buren, Michel Parmentier und Niele Toroni verpflichteten Werke. So sind sowohl Beispiele seiner monochromen Bilder zu sehen wie auch ein sehr schönes Exemplar seiner Streifenbilder mit roten vertikalen Linien auf vier rechteckigen, weissen Tafeln. Die vorletzte Präsentation bei Susanna Kulli hat ihren Schwerpunkt auf Arbeiten aus den Achtzigerjahren. Damit richtet sie den Blick zurück und gibt zugleich einen kleinen Vorgeschmack auf die kommende Abschiedsausstellung der Galerie in den Räumen des Lagerhauses an der Davidstrasse.